Die Presse

Ein Altbau mit Charakter

Wohngeschi­chte. Die Salzburger Designerin Simone Springer hat sich in Mariahilf niedergela­ssen. Das Interieur ihrer Wohnung dient ihr auch als Inspiratio­nsquelle für ihre Kreationen.

- VON DORIS BARBIER

Manchmal entwickelt sich aus einer Notlage auch etwas Gutes. So geschehen, als die Salzburger Designerin Simone Springer Knall auf Fall aus ihrer alten Wohnung am Hundsturm im fünften Bezirk ausziehen musste. Gleich die erste Wohnung, die sie sich ansah, traf ihren Geschmack. Und obwohl an die 20 Personen zum Besichtigu­ngstermin erschienen, war sie es, die den Zuschlag erhielt. Ob Alt- oder Neubau, war nicht relevant, erzählt sie: „Mir ist die Proportion der Räume wichtig. Stimmt die Höhe zur Fläche, die Dimension per se? Und ist der Grundriss interessan­t?“Bei Stadtwohnu­ngen findet sie am schlimmste­n „Hofruhelag­en“, hingegen liebt sie den klassische­n burgenländ­ischen Streckhof sehr, mit imposantem Tor. Meist zur Straße hin streng und abgeschott­et, aber hinten hinaus ausladend einladend.

Idealer Grundriss

„Dieses Gründerzei­t-Haus und auch meine Wohnung wurden nie zu Tode renoviert“, freut sich die Designerin. „Das mögen wir hier alle.“Die alten bunten Bodenflies­en im Stiegenhau­s beispielsw­eise waren immer schon da, auch der Sicherungs­kasten auf dem Gang. Da nimmt man sogar, ohne zu murren, die vier Stockwerke ohne Lift in Kauf. Ihre Wohnung ist sehr hell und hat Fenster nach Ost und West, sie ist lichtüberf­lutet („Ich brauch das“), und man sieht über die Dächer der gegenüberl­iegenden Häuser („Das brauche ich auch“). Die 82 Quadratmet­er große Altbauwohn­ung mit Balkon besteht aus einer gemütliche­n Wohnküche mit Blick auf den Eingangsbe­reich und zwei großen Zimmern, die von der Designerin und ihren beiden Kindern mit viel Liebe und Kreativitä­t im Lauf der Jahre immer wieder neu entdeckt und definiert werden. „Vom Grundriss der Wohnung her könnte man durch die Zimmer im Kreis laufen, was meine beiden Töchter kurz praktizier­t haben“, erzählt die Designerin schmunzeln­d, weist auf einen Bauernkast­en in der Raummitte und ergänzt: „Bevor ich ihnen einen Kasten vorgeschob­en hab.“Neben der Helligkeit besticht die Mietwohnun­g durch ihre ideale Raumauftei­lung. Jedes Familienmi­tglied hat somit seinen Platz: die Kinder im sogenannte­n Kinderzimm­er, Simone im Wohnschlaf­zimmer mit Blick nach draußen. In der Wohnküche mit dem rechteckig­en Holztisch, auf dem meist ein Obstkorb oder eine Vase mit ein paar bunten Wiesenblum­en steht, trifft sich die Familie zum Essen, Spielen und Diskutiere­n. Geschirr – Häferln, Schüsseln, Teller, Töpfe aus der ganzen Welt – türmt sich in den Holz- und Metallrega­len rund um die Abwasch.

Blockhängu­ngen von Bildern sind ihr ein Gräuel, sie schlägt auch ungern Nägel ein. „Ich mag die Wände gern weiß und archaisch.“Bei der Einrichtun­g herrschen Holz und Metall vor, möbliert wird mit einem bunten Mix aus Fundstücke­n wie Decken, Nordischem (Lampen, Sofasessel, Beistellti­sche) und Vererbtem (Truhe, Bauernkast­en).

Das Ost-West-Flair, das auch ihre künstleris­che Tätigkeit definiert und sich seit Jahren wie ein roter Faden durch die Kollektion­en zieht, ergibt sich durch eine gekonnt intuitive Mischung. „Alles purer Zufall. Die Dinge ergeben sich halt irgendwie“, behauptet die Designerin. Osteuropäi­sches (Teppiche), Japanische­s (Keramik und Geschirr) und eine Prise Geschenkte­s, etwa die Kunstwerke von Christian Ruschitzka. Inspiratio­nsquelle ist dieses Sammelsuri­um für kommende Kollektion­en.

Hotspot der Kreativitä­t

Das Epizentrum der Springer’schen Privatkoll­ektion befindet sich jedoch gut versteckt und ebenso gut behütet im Bauernkast­en: „Ich horte hier vor allem meine Bücher und meine Textilsamm­lung, die Grundlage für meine Tätigkeit. Ich hab auch einige Paar Schuhe aus der Batschka (i. e. Region in Serbien), die sicher über hundert Jahre alt sind und auf die ich immer wieder als Ideenquell­e zurückgrei­fe.“Zu Hause gearbeitet wird trotzdem ungern, dafür gibt es das Atelier, das nur einen Steinwurf entfernt liegt. „Ich versuche, ausschließ­lich in meinem Studio zu arbeiten. Falls es manchmal trotzdem nötig ist, breite ich mich gern am großen Küchentisc­h aus.“Der beste Platz und somit das Atout der Wohnung sei aber eindeutig das Bett auf Rollen – mit Aussicht. Die Inspiratio­n kommt darin von ganz allein.

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[ Doris Barbier] Springers Designersc­hätze werden im Bauernkast­en behütet (l.), die Zimmer sind geprägt von „Fundstücke­n“(r.).
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