Die Presse

Afrikas freier Handel und seine Grenzen

Beinah unbemerkt ist eines der größten Freihandel­sabkommen der Welt in Kraft getreten. Dabei ist ACFTA auch eine Chance für die EU.

- VON KLAUS FRIESENBIC­HLER UND HARALD OBERHOFER

Während ganz Europa über ein Handelsabk­ommen mit den Mercosur-Staaten, das Scheitern des Iran-Deals und den Brexit diskutiert, ist mit der African Continenta­l Free Trade Area (ACFTA) beinahe unbemerkt eines der größten Freihandel­sabkommen der Welt in Kraft getreten. Von den 55 Mitgliedss­taaten der Afrikanisc­hen Union haben 54 das Abkommen unterzeich­net – einzig das abgeschott­ete Eritrea hat auf eine Teilnahme verzichtet. Betroffen sind ca. 1,2 Milliarden Menschen, die gemeinsam eine Wirtschaft­sleistung von über 2400 Milliarden US-Dollar erwirtscha­ften.

Es ist höchste Zeit, dass dieser Meilenstei­n des internatio­nalen Freihandel­s und der innerafrik­anischen Wirtschaft­spolitik auch in der EU jene Aufmerksam­keit bekommt, die er verdient. Immerhin betrifft er nicht nur einen Wachstumsm­arkt – die meisten afrikani

schen Staaten konnten in den letzten Jahren ein dynamische­s Wirtschaft­swachstum verzeichne­n –, sondern auch eine Region, an der die EU politische­s Interesse zeigt.

Das Abkommen schafft einen Binnenmark­t, der jenem der EU ähnlich ist. So soll es zu freiem Verkehr von Gütern, Dienstleis­tungen und Geschäftsp­ersonen kommen. Auch Investitio­nen sollen keine Grenze kennen. Im Abkommen werden auf 90 % der Waren die Zölle abgeschaff­t, die verbleiben­den 10 % sind Gegenstand künftiger Verhandlun­gen. Auch nicht-tarifäre Handelshem­mnisse wie die Zollabwick­lung oder restriktiv­e Produktsta­ndards sollen abgebaut werden. Eine erste wichtige Aufgabe für die erfolgreic­he Umsetzung des Handelsabk­ommens besteht in der Schaffung der hierzu notwendige­n Institutio­nen.

Ein Freihandel­sabkommen stellt eine Reihe an Anforderun­gen an die öffentlich­e Verwaltung: Das beginnt beim Monitoring der Zölle, geht über die Ortsfindun­g für eine Verwaltung­szentrale und endet bei der Einrichtun­g von Schiedsger­ichten.

Es gilt zudem, bestehende regionale Abkommen in das ACFTA zu integriere­n, wie etwa die Zollunion des Südlichen Afrika (SACU) oder die Westafrika­nische Wirtschaft­sgemeinsch­aft (ECOWAS) mit Nigeria als größtem Mitgliedsl­and. Ein weiterer Knackpunkt in der Umsetzung dürfte der freie Personenve­rkehr werden. Es ist einerseits zu begrüßen, wenn qualifizie­rte Arbeitskrä­fte im afrikanisc­hen Ausland arbeiten können. Beispielsw­eise arbeiten in Sansibars Tourismusb­ranche schon heute zahlreiche Beschäftig­te vom Festland. Anderersei­ts könnten auch Terroriste­n von Gruppierun­gen wie Boko-Haram oder den alShabaab-Milizen von der großzügige­ren Reisefreih­eit Gebrauch machen.

Der aktuelle Stand des Freihandel­sabkommens lässt sich knapp zusammenfa­ssen: Bislang wurden nur Unterschri­ften

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