Rücktritt nach Behördenversagen
Rumänien. Innenminister Nicolae Moga nimmt seinen Hut. Polizei nahm Hilferufe einer Jugendlichen nicht ernst – sie starb. Drei Frauen soll ein 66-Jähriger ermordet haben.
Bukarest. Nicolae Moga war kaum eine Woche im Amt, da musste er als Innenminister bereits den Hut nehmen. Denn seit Tagen erschüttert Rumänien ein besonders krasser Fall von Behördenversagen: Weil die Polizei nachlässig bis ignorant mit den Notrufen einer 15-Jährigen umging, wurde das junge Mädchen ermordet.
Der Sozialdemokrat Moga war nur sechs Tage im Amt und ersetzte dort seine Parteifreundin Carmen Dan, die zuvor von Ministerpräsidentin Viorica Dancil˘a˘ abgesetzt worden war. Zuletzt geriet Dan nach einem gewaltsamen Polizeieinsatz gegen Demonstranten ins Kreuzfeuer der Kritik. Dancil˘a˘ begründete deren Absetzung mit ihrem schlechten Image in der Bevölkerung. Auf Geheiß des Präsidenten Klaus Iohannis befasste sich der Oberste Verteidigungsrat am Dienstag mit dem Fall; der Rücktritt Mogas erfolgte nur kurz davor.
Seit Tagen protestieren in Rumänien, insbesondere in Caracal, wo das Verbrechen verübt worden ist, die Bürger. „Unsere Polizei tötet“, riefen vor allem die Jugendlichen, die auf die Straße gingen, viele von ihnen Schulkollegen der Getöteten. Indessen wird mit jedem Tag das Ausmaß des Behördenversagens größer: Nicht nur haben die Beamten die Notrufe des jungen Mädchens zunächst nicht ernst genommen und ihr empfohlen, „die Leitung nicht länger zu belegen“; auch die HandyOrtung zog sich stundenlang hin.
Das verzweifelte Mädchen sagte der Polizei, dass es entführt, verprügelt und vergewaltigt worden sei. Auch seine Eltern hatten sich vorige Woche an die örtliche Polizei gewandt – der Vater sei auf den nächsten Tag vertröstet worden, berichtete er. Als Tatverdächtiger gilt der 66-jährige Gheorghe D., der widersprüchliche Angaben zum Verbleib des Mädchens gemacht hatte. Ihm wird auch der Mord an der 18-jährigen Luzia vorgeworfen, deren Mutter monatelang an der desinteressierten Polizei verzweifelte, wie sie Medien gegenüber betonte.
„In weiteren Fällen verdächtig“
Am Dienstag schließlich gaben die Behörden bekannt, dass D. auch in einem dritten Fall verdächtigt wird: 2015 wurde in Craiova, das ebenfalls in Südrumänien liegt, eine 17-Jährige vergewaltigt und ermordet. Ihr enthaupteter Leichnam wurde nahe einem Stadtpark entdeckt. Lokalen Medien zufolge wurde bei Gheorghe D. das Handy der 17-Jährigen gefunden, die Ermittler wollten die Berichte nicht kommentieren. Der Pflichtverteidiger sorgte darüber hinaus für Aufsehen, als er sagte, dass der 66-Jährige noch „in weiteren Fällen tatverdächtig“sei. (ag.)