Kern, Kurz’ bester Mann
Die SPÖ wurde ohne Not in die Schredder-Causa hineingezogen.
E inen Vor- in einen Nachteil verwandeln: Keiner schafft das in dem Wahlkampf besser als die SPÖ. Christian Kern als prominente Stimme aus dem Off zeigt vor, wie es geht. Vergangene Woche wehrte er sich via Facebook gegen die Aussage von Sebastian Kurz, seine Kanzleramtsübergabe sei punkto Datenvernichtung nicht anders als die von Kurz verlaufen. Kern schrieb: „Ein Schreddern von Festplatten fand nicht statt.“
Doch nun berichtete die „Krone“: Auch damals wurde geschreddert. Freilich mit einem großen Unterschied – die Vernichtung wurde offiziell dokumentiert und zudem offenbar amtswegig, von der IT-Abteilung, durchgeführt. Keine Rede also von einer privaten Reißwolfexkursion, falschen Namen oder unbezahlten Rechnungen. Insofern ist der Vorgang – da hat Kern recht – mit der türkisen SchredderCausa wirklich nicht zu vergleichen. Würde die ÖVP das auch gern so sehen.
Was übrig bleibt, ist also, dass ein Ex-Kanzler in einem Punkt die Unwahrheit gesagt hat. Unwissentlich, wie Kern am Dienstag erklärt hat. Er habe nicht gewusst, dass die Festplatten zerstört wurden. Allerdings: Wer in einem Wahlkampf unter Klagsdrohung mit Verve etwas behauptet, sollte vorher die Fakten checken. Kern war zwar nicht lang, aber lang genug Politiker, um zu wissen, was so ein Fehler für seine (Ex-)Partei bedeutet.
Und während der eine zu viel redet, sagen andere zu wenig. Jene IT-Beamte nämlich, die über die internen Regeln und die gelebte Praxis der Datenentsorgung aufklären könnten. Doch die Experten-Kanzlerin lässt Experten bisher nur ungern reden. Paradox eigentlich.