Kroatien: Hohe Preise, leere Betten
Tourismus. Nach Jahren ständigen Wachstums machen Kroatiens Fremdenverkehrsgewerbe in diesem Sommer rückläufige Gästezahlen zu schaffen. Viele Probleme sind hausgemacht.
Belgrad/Split. Zumindest Kroatiens Tourismusminister, Gari Cappelli, sieht noch keine Wolken am sich verdüsternden Adria-Himmel. Spanien und Portugal mache ein noch stärkerer Gästeschwund zu schaffen, versichert der 58-jährige Würdenträger der konservativen Regierungspartei HDZ: „Wir halten uns noch sehr gut.“
Monatliche Gäste- und Übernachtungszahlen gibt sein Ministerium nicht mehr preis. Doch nicht nur halb leere Strände und Inselfähren, sondern auch die große Zahl freier Apartments in der Hochsaison künden vom Ende des jahrelangen Wachstums der Tourismusbranche.
Medien, die Einblick in die Statistiken von eVisitor nehmen konnten, berichteten, dass in den ersten zwölf Juli-Tagen die Gästezahl um 6,2 und in den Privatapartments gar um 9,4 Prozent geschrumpft sei. „Jetzt ist es amtlich: Die Saison hat schlecht begonnen“, titelt die Zeitung „Slobodna Dalmacija“in Split. Von einer „Saison der Ernüchterung“und dem „Zusammenbruch des TouristenEldorados“schreibt die „Novi List“in Rijeka: Alles weise darauf hin, dass der Sektor in diesem Sommer ein Minus einfahre.
Nicht zuletzt die Probleme der türkischen und nordafrikanischen Konkurrenz hatten Kroatiens Gastronomen steigende Umsätze beschert. So sorgten im Vorjahr 19,7 Millionen Touristen mit 106 Millionen Übernachtungen für einen Rekordumsatz von rund zwölf Milliarden Euro. Die Einnahmen aus dem Tourismus machen fast ein Fünftel von Kroatiens Bruttoinlandsprodukt aus.
In Erwartung weiterer Zuwächse hat sich die Zahl der Gästebetten heuer um weitere 40.000 erhöht, nachdem sie 2018 um 60.000 zugelegt hatte. Doch das Angebot übertrifft die Nachfrage.
Es sind nicht nur die wiedererstarkten Konkurrenten in der Türkei, in Griechenland und Ägypten und die Wetterkapriolen in diesem Sommer, die an Kroatiens Adria für lange Gesichter sorgen: Viele Probleme des Sektors sind auch hausgemacht.
Hotels und besser ausgestattete Apartments sind zwar weiter gut ausgelastet, doch bei den Ein- bis Drei-Sterne-Ferienwohnungen entspricht das kräftig gekletterte Preisniveau oft nicht mehr der gebotenen Qualität. Über 100 Euro pro Nacht für Studios, die noch zu jugoslawischen Zeiten eingerichtet worden sind: Vor allem ältere Ferienwohnungen, in die schon seit Jahren nichts mehr investiert worden ist, sind immer weniger gefragt. „Sonne, Meer, Möbel aus Jugoslawien und hohe Preise – das geht nicht mehr“, titelt nüchtern das Newsportal Index.hr.
Zu Klagen über überteuerte Parkplätze und Strandliegen gesellen sich schwarze Schafe, die Kroatiens Ruf nachhaltig trüben. Die Kunde, dass Strandpächter auf der Insel Krk und der Halbinsel Peljesacˇ saftige Schatten- oder Palmenzuschläge für Strandliegen verlangen, sorgte genauso für Entrüstung wie Vermieter, die auf die negative Bewertung ihrer Apartments im Web mit Beschimpfungen und Drohungen gegenüber den enttäuschten Gästen reagieren.
Wachsende Kriminalität
Den Gastronomen machen die Folgen des Exodus der Arbeitskräfte aus Kroatien zu schaffen. Saisonkräfte sind teurer geworden – und oft nur im Ausland zu finden. Die Klage der Branche über hohe Abgaben hat Zagreb nun erhört: Mitte Juli kündigte die Regierung die Reduzierung der Mehrwertsteuer für Gastronomiebetriebe von 25 auf 13 Prozent an.
Doch auch die Folgen des Booms der letzten Jahre kommen auf Kroatien nun wie ein später Bumerang zurück. Die sich mehrenden Berichte über Messerstechereien und gewalttätige Ausschreitungen in den Tourismuszentren zeugen davon, dass die dünne Personaldecke der Polizei in der Hochsaison der wachsenden Kriminalität kaum gewachsen ist.
Auch der Ausbau der Kanalisation hat mit der Bettenzahl nicht immer Schritt gehalten: Bei Regen überlaufende Fäkaliengruben machen nicht nur Austernzüchtern in der Bucht von Mali Ston zu schaffen. Die Folgen des Kreuzfahrttourismus haben manchmal ganz normale Badetouristen zu tragen: Vor den Augen von entgeisterten Touristen entleerte vergangene Woche ein Kreuzfahrtriese in Sichtweite des populären Strands Zlatni Rat auf der Insel Brac die Fäkalien der schwimmenden Bettenburg ins Meer.