Noch keine Entwarnung für die Steuerzahler
Europa hat weiter kein Rezept gegen das „Too big to fail“-Dilemma.
D as deutsche Bundesverfassungsgericht hat gestern die zentrale europäische Bankenaufsicht und die europäische Bankenunion für mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar erklärt und damit wohl einen größeren Stolperstein für deren Vertiefung aus dem Weg geräumt.
Das ist grundsätzlich einmal positiv, weil es die Risken systemrelevanter Banken besser aufteilt. Hätte es die Bankenunion beispielsweise zur Hypo-Pleite schon gegeben, dann wäre der Schaden, den diese damals laut OeNB systemrelevante Bank verursacht hat, nicht an den österreichischen Steuerzahlern, sondern am gemeinsam von allen europäischen Großbanken gespeisten Abwicklungstopf hängen geblieben.
Man sollte sich allerdings nicht täuschen: Die Steuerzahler sind durch die Bankenunion noch lang nicht aus dem Schneider. Denn die nach der Finanzkrise versprochene Lösung des „Too big to fail“-Problems ist leider ein frommer Wunsch geblieben. Der damals formulierte Anspruch, dass Steuerzahler „nie mehr“für eine Bankenpleite herangezogen werden, ist einfach Makulatur. Man
muss sich nur die Relationen vor Augen führen: Der eingerichtete Abwicklungsfonds wird 2024 plangemäß über 55 Mrd. Euro verfügen. Man kann sich ungefähr vorstellen, wie weit man damit in einer echten Krise bei Bilanzsummen von 2000 Mrd. Euro (BNP Paribas), 1500 Mrd. Euro (Banco Santander) oder 1300 Mrd. Euro (Deutsche Bank) hüpfen kann.
Und das wird sich noch weiter verschärfen: Die für Großbanken zuständige EZB-Bankenaufsicht hat ja definitiv den Wunsch nach grenzüberschreitenden Fusionen geäußert, damit der europäische Bankensektor mit dem amerikanischen mithalten kann. Damit steigt das „Too big to fail“-Dilemma, dessen Beseitigung man versprochen hat, noch einmal dramatisch an.
Wer unter solchen Umständen wirklich glaubt, dass der europäische Steuerzahler „nie mehr“für Bankenpleiten wird haften müssen – dem kann man wirklich viel erzählen.