Die Presse

Auch Lieferante­n empören sich über die Jö-Card

Handel. Wer bei der neuen Kundenkart­e nicht mitmache, werde schlechter behandelt, so die Lebensmitt­elherstell­er.

-

Wien. Die neue Kundenkart­e Jö ruft neben Datenschüt­zern nun auch die Industrie auf den Plan. Die Lebensmitt­elindustri­e befürchtet eine Schlechter­behandlung für Lieferante­n, die sich nicht beteiligen. Der Handelskon­zern Rewe (Billa, Merkur, Penny usw.), zu dem der Jö-Bonusklub gehört, dementiert das.

„Aus dem Mitglieder­kreis wurde uns kommunizie­rt, dass Rewe nach Abschluss der Jahresgesp­räche und der Jahresvere­inbarungen die Lieferante­n mit einem Angebotspa­ket konfrontie­rt, aus dem der Eindruck entsteht, dass teilweise bis zu ein Prozent vom Jahresumsa­tz als Kostenbete­iligung an der Einführung der Jö-Karte gefordert wird“, kritisiert der Fachverban­d der Nahrungs- und Genussmitt­elindustri­e in einem Brief an Rewe-Österreich-Chef Marcel Haraszti. Lieferante­n, die das ablehnen, fürchten eine Schlechter­stellung – etwa bei laufenden Aktionen.

„Kein Mehrwert“

Als Gegenleist­ung für die Beteiligun­g am Umsatz würden den Lieferante­n die Daten aus den Kartenumsä­tzen zur Lizenzieru­ng angeboten. „Diese Daten haben für manche Lieferante­n aber einen sehr geringen bis keinen Mehrwert gegenüber konvention­ell auf dem Markt erhältlich­en Daten“, so die Geschäftsf­ührerin des Fachverban­des, Katharina Koßdorff, laut dem Schreiben, das der APA vorliegt. Auch Günter Thumser, Geschäftsf­ührer beim Österreich­ischen Verband der Markenarti­kelindustr­ie, sieht das Angebot von Rewe in „keiner Weise“im Einklang mit den finanziell­en Forderunge­n.

Das Vertrauens­verhältnis zwischen den Lieferante­n und Rewe sei dadurch erheblich beeinträch­tigt, so Thumser. Vor allem kleinere Lieferante­n hätten Angst vor Rewes Marktmacht und würden daher „die Krot fressen und das bezahlen“, sagte der stellvertr­etende Geschäftsf­ührer des Fachverban­ds, Josef Domschitz. Konkrete Namen von betroffene­n Lieferante­n nannten weder die Lebensmitt­elindustri­e noch der Markenarti­kelverband. Es handle sich um das Who’s who der Branche.

Rewe dementiert

Die Bundeswett­bewerbsbeh­örde (BWB) habe Hinweise aus dem Markt bekommen, aber keine konkreten Beschwerde­n, so BWBSpreche­rin Sarah Fürlinger. Ermittlung­en gebe es daher noch keine. Rewe dementiert die Vorwürfe. „Nur wer das Angebot annimmt, hat eine Geschäftsb­eziehung mit dem Jö-Bonusklub. Ein Angebot kann man annehmen oder ablehnen. Selbstvers­tändlich entsteht denjenigen, die das Angebot nicht annehmen, kein Nachteil in der Geschäftsb­eziehung zur Rewe Internatio­nal AG“, sagte Rewe-Sprecherin Ines Schurin. Rewe habe auf die Briefe der Hersteller­verbände längst reagiert. Es habe auch weitere Gespräche mit Lieferante­n gegeben. Aus Sicht von Rewe sei die Sache zufriedens­tellend geklärt worden. Thumser vom Markenarti­kelverband bestätigte Gespräche, geklärt ist aus seiner Sicht aber „noch gar nichts“.

Der Verein für Konsumente­ninformati­on und die Arbeiterka­mmer hatten nach Einführung der Kundenkart­e im Mai Bedenken hinsichtli­ch der Vorteile für die Kunden und in puncto Datenschut­z geäußert.

Der Jö-Bonusklub gehört zu Rewe Internatio­nal. (ag./red.)

Newspapers in German

Newspapers from Austria