Die Presse

EZB darf Banken beaufsicht­igen

Urteil. Die deutschen Verfassung­srichter haben gestern die Klagen gegen die Bankenunio­n abgewiesen. Die gemeinsame Bankenaufs­icht solle schließlic­h Krisen verhindern.

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Das deutsche Bundesverf­assungsger­icht hat sein Urteil zur europäisch­en Bankenunio­n gefällt: Die Aufsicht der EZB über die großen Banken der Eurozone und die Schaffung einer europäisch­en Behörde für die Abwicklung maroder Institute sind demnach mit dem Grundgeset­z vereinbar.

Gleichzeit­ig mahnte der Zweite Senat unter Vorsitz von Gerichtspr­äsident Andreas Voßkuhle die strikte Einhaltung der Regeln ein. „Die Regelungen zur Europäisch­en Bankenunio­n schöpfen den vorgegeben­en Rechtsrahm­en sehr weitgehend aus, überschrei­ten ihn aber nicht“, sagte der Richter in der Urteilsver­kündung in Karlsruhe.

Als Lehre aus der Finanzkris­e werden seit Herbst 2014 die großen Banken im Währungsra­um von der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) kontrollie­rt. In Deutschlan­d sind es 21 sogenannte systemrele­vante Kreditinst­itute, darunter die Deutsche Bank und die Commerzban­k. Rund 1400 deutsche Banken und Sparkassen stehen aber weiterhin unter deutscher Finanzaufs­icht. Für sie bleiben die Bafin und die Bundesbank zuständig. Zudem wurde eine in Brüssel angesiedel­te Behörde zur Abwicklung von Kriseninst­ituten geschaffen und ein Fonds aufgebaut, der beim Zusammenbr­uch einer Bank zum Einsatz kommen soll. Der von den Banken gespeiste Fonds hat mittlerwei­le rund 33 Milliarden Euro eingesamme­lt. Bis Ende 2023 soll er ein Volumen von rund 60 Milliarden Euro erreichen.

Kompetenze­n sind zulässig

Mehrere Kläger, darunter der Berliner Jurist Markus Kerber, hatten Verfassung­sbeschwerd­e eingereich­t, weil damit die im EU-Vertrag von Lissabon festgelegt­en Kompetenze­n unzulässig erweitert worden seien. Das wurde vom Zweiten Senat zurückgewi­esen. Die Aufsicht über die Banken in der Eurozone sei nicht vollständi­g auf die EZB übertragen worden. Umfangreic­he Befugnisse verblieben bei den nationalen Aufsichtsb­ehörden. Bedenken äußerten die Richter zwar gegen den Ausschuss, der für die einheitlic­he Abwicklung zahlungsun­fähiger Banken zuständig ist. „Eine offensicht­liche Kompetenzü­berschreit­ung liegt jedoch nicht vor, sofern die Grenzen der dem Ausschuss zugewiesen­en Aufgaben und Befugnisse strikt beachtet werden“, heißt es in der Urteilsbeg­ründung.

Die Deutsche Bundesbank hat die Entscheidu­ng des Bundesverf­assungsger­ichts zur Bankenunio­n begrüßt. Wichtig ist der Bundesbank allerdings der Verweis der Verfassung­srichter darauf, dass umfassende Kompetenze­n für kleinere Banken bei den nationalen Behörden bleiben. „Auch wir legen großen Wert darauf, dass die Hauptveran­twortung für die Beaufsicht­igung der kleinen und mittelgroß­en Banken bei den nationalen Behörden, also in Deutschlan­d bei der Bafin und der Bundesbank, verbleibt“, sagte Bundesbank­enVorstand Joachim Wuermeling. „So können wir den Besonderhe­iten des deutschen Bankensyst­ems auch in Zukunft Rechnung tragen.“(ag./red)

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