Die Presse

Wie die Parteien zu Geld kommen

Parteikred­ite. Neben Förderunge­n und Spenden haben Parteien noch eine andere Geldquelle: Bankkredit­e. Warum die Grünen nun darauf verzichten, die Neos ein eigenes System entwickelt haben und die anderen Parteien schweigen.

- VON IRIS BONAVIDA

Neben Förderunge­n und Spenden verschulde­n sich Parteien auch bei Banken.

wien. Als Ende Mai in den Parteizent­ralen heftig diskutiert wurde, ob man im Parlament für Neuwahlen stimmen sollte, gab es einige Punkte zu bedenken: Wie würden die Bürger darauf reagieren? Wie steht die eigene Partei in Umfragen da? Und: Ist ein Wahlkampf derzeit überhaupt leistbar?

Letztere Frage wurde wohl überall gleich beantworte­t: eigentlich nicht. Auch wenn sich über den Schuldenst­and von ÖVP, SPÖ und FPÖ nur spekuliere­n lässt, dürften sich alle Kontoständ­e im Minusberei­ch bewegen. Sie geben mehr aus, als sie einnehmen – vor allem in Wahlkampfz­eiten. Neben staatliche­n Förderunge­n und Spenden setzen Parteien auch auf eine andere Geldquelle: die Banken. Das geliehene Geld soll dann später zurückbeza­hlt werden. Nach dem Wahltag, wenn es bei einem Plus vor dem Ergebnis im Idealfall auch mehr Förderunge­n gibt.

Beim vergangene­n Nationalra­tswahlkamp­f 2017 machte die ÖVP die höchsten Schulden: Kredite über 15 Millionen Euro nahm sie auf, insgesamt gab die Partei zwischen 25. Juli und 15. Oktober knapp 13 Millionen Euro aus. Bei welcher Bank das Geld geliehen wurde – und wie viele Zinsen sie zahlt –, kommunizie­rt die Volksparte­i nicht. Auch SPÖ (3,4 Millionen) und FPÖ (fünf Millionen) schweigen dazu.

Grüne und Neos transparen­t

Offener gehen allerdings Neos und Grüne mit ihren Finanzen um. Die Grünen nahmen im Jahr 2017 rund 1,7 Millionen Euro auf. Der gesamte ausstehend­e Bankkredit – bei der Ersten Bank – beträgt rund 1,9 Millionen Euro. Die Konditione­n seien „innerhalb eines üblichen Rahmens“. Mehr könne man nicht verraten, man sein gegenüber dem Institut zur Geheimhalt­ung verpflicht­et.

Kredite spielten für die Grünen lang eine wichtige Rolle: „Es gab die interne Regelung, dass der Wahlkampf ungefähr so viel wie eine einjährige Parteiförd­erung kosten sollte“, sagt Bundesfina­nzreferent Wolfgang Raback. Das seien rund vier Millionen Euro gewesen. Pro Jahr versuchte man, 20 Prozent der staatliche­n Gelder auf die Seite zu legen. Aber auch der laufende Betrieb musste mitfinanzi­ert werden. Maximal die Hälfte der Kampagneng­elder sollte daher aus Krediten stammen.

2017, das Problemjah­r

Um mit größeren Parteien ansatzweis­e mithalten zu können, habe man eben investiere­n müssen, sagt Raback. „Ein Wahlkampf ist auch ein Wettkampf. Was die Sichtbarke­it betrifft, ist Geld eben ein wichtiger Faktor.“Bis das Jahr 2017 kam: Der Wahlkampf zur Bundespräs­identenwah­l war sehr lang und sehr teuer. Dafür brachen die Grünen auch die auferlegte Regel: Mehr als 50 Prozent der Gelder stammten aus Krediten.

Dann schaffte die Partei nicht den Wiedereinz­ug in den Nationalra­t und erhielt damit auch wichtige Fördergeld­er nicht. Das Risiko, hoch verschulde­t zu sein, ist zu hoch. „Seriöserwe­ise sind Kredite in dieser Höhe nicht mehr machbar. Da muss man kreativer werden“, sagt Raback. Für die kommende Nationalra­tswahl will die grüne Bundespart­ei 800.000 Euro ausgeben. Der Schuldenst­and am Ende des Jahres beträgt dann rund fünf Millionen Euro.

Der Kontostand der Neos liegt derzeit ebenfalls nicht auf null. Berechnet man die Wahlkampfk­osten mit ein, hat die Partei mit Jahresende rund 1,1 Millionen Euro Schulden. 500.000 Euro machen laufende Bankkredit­e aus. Früher war die Partei wie die Grünen bei der Ersten Bank, nun ist das Institut nicht bekannt. Dem Vernehmen nach handelt es sich aber um eine Regionalba­nk in Westösterr­eich.

Ein Darlehen mit Risiko

Im Rechenscha­ftsbericht, den die Parteien an den Rechnungsh­of schicken, lassen sich auch bei den Neos die Kreditaufn­ahmen aus dem Jahr 2017 nachlesen: Es war rund eine Million Euro. Wobei es sich dabei nicht immer um Kredite von einer Bank handeln muss – es können auch Darlehen von Privatpers­onen sein. Die Neos haben für sich ein eigenes System etabliert: Die Personen erhalten ihr Geld nicht zurück, wenn die Partei ihren Einzug im Landtag oder Nationalra­t verfehlt. Die Summe wandelt sich dann in eine Spende um. Ist die Partei erfolgreic­h, wird das Darlehen zurückgeza­hlt. Zinsen gibt es allerdings nicht. Damit alles rechtens zugeht, wird der marktüblic­he Zinsbetrag berechnet, den sich die Neos dadurch sparen. Der Zinswertvo­rteil wird im Rechenscha­ftsbericht als Spende ausgewiese­n.

Diese Regelung ist laut NeosGenera­lsekretär Nikola Donig sozusagen aus der Not entstanden: „2013 waren wir eine junge Bewegung, da bekommt man nicht gleich Kredite – und wenn, dann nur zu nachteilig­en Konditione­n.“Daher habe man auf Darlehen gesetzt. „Wahlkämpfe führen in kurzer Zeit zu einem hohen Geldbedarf.“Es gehe also „weniger um die Frage, ob wir das Geld haben, sondern wann wir das Geld haben“.

Zinsen sind unbekannt

Und die übrigen Parteien? Über deren Schulden wollen die Parteien nicht sprechen. Die FPÖ nennt immerhin ein Wahlkampfb­udget von fünf Millionen Euro – ÖVP und SPÖ geben nur an, unter der Wahlkampfo­bergrenze von sieben Millionen Euro bleiben zu wollen.

Auch der Rechenscha­ftsbericht der Parteien lässt nur kleine Einblicke zu: Dort ist zwar die Kreditaufn­ahme der Parteien in einem Jahr notiert, aber nicht die Kreditschu­lden insgesamt. Auch wie viele Zinsen die Parteien bezahlen, weiß man nicht – nur einer der vielen Punkte, den Politologe und Finanzexpe­rte Hubert Sickinger kritisiert. Er versuchte in den vergangene­n Jahren eine Schätzung der Schulden: Die ÖVP könnte demnach derzeit auf mindestens 20 Millionen Euro kommen, die SPÖ (2017) auf 14 Millionen Euro.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria