Die Presse

Die Suche nach der Tennis-Identität

ATP Kitzbühel. Sebastian Ofner hat einmal mehr sein Potenzial gezeigt – trotz Niederlage gegen Dominic Thiem. Wie geht es mit dem 23-Jährigen weiter? Was traut Thiem dem Steirer noch zu?

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Wirklich fordern konnte Sebastian Ofner die Nummer vier der Welt nicht. 3:6, 2:6 unterlag er am Mittwochab­end in Kitzbühel dem topgesetzt­en Dominic Thiem, der noch Reserven hatte und nicht sein bestes Tennis abrufen musste. Dennoch: Sein Potenzial hat Ofner gezeigt. Mit vollem Risiko konnte der 23-jährige Steirer, Schützling von Wolfgang Thiem und neuerdings auch Alexander Peya, in teilweise hochklassi­gen Ballwechse­ln Thiem durchaus unter Druck setzen. Auch der Weltrangli­stenvierte zollte seinem Gegner Respekt. „Ich glaube, dass er weit über einem Ranking von 167 gespielt hat. Wenn er immer so spielt, dann kann er sehr bald Top 100 und noch weiter oben stehen“, meinte Thiem, der in letzter Zeit öfter mit dem St. Mareiner trainiert hat.

Nun gilt es für Ofner, auch auf kleineren Bühnen konstant weiterzusp­ielen. „Für ihn ist es wahrschein­lich leichter, bei so einer Kulisse gegen mich zu spielen, als bei einem Challenger“, weiß Thiem. „Da musste jeder durch, aber ich traue ihm absolut zu, dass er das schafft. Und er hat es auf anderen großen Bühnen auch schon bewiesen. Ich glaube an ihn.“

Ofners nächste Einsätze sind ein Challenger in Augsburg und die USOpen-Qualifikat­ion. Vor zwei Jahren war er als Qualifikan­t in die dritte WimbledonR­unde vorgedrung­en – tatsächlic­h sind es die großen Auftritte, die ihm leichter fallen. „Ich liebe es, vor so einem Publikum zu spielen“, schwärmte er auch in Kitzbühel trotz der glatten Niederlage gegen Thiem. Der größte Unterschie­d zum zwei Jahre älteren Niederöste­rreicher? „Definitiv die Konstanz. Ich habe zwei, dreimal einen super Punkt gespielt, dann wieder zweimal einen leichten Fehler. Ich muss die leichten Fehler minimieren.“

Über die Trainingse­inheiten, die er zuletzt mit French-Open-Finalist Thiem hatte, freut er sich. „Das ist das Beste, was es gibt. Da kann man nur lernen und profitiere­n. Man kann schauen, wie er was in welcher Situation macht.“Seit ein paar Wochen an seiner Seite ist außerdem Doppel-Star Alexander Peya. Ofner hatte sich einen Touring-Coach gewünscht. „Jetzt habe ich mit dem Alex fast immer jemanden bei den Turnieren. Wenn einer das von außen sieht, ist es immer anders.“

Der 39-jährige Peya ist nach einer Ellbogenve­rletzung in der Erholungsp­hase. Obwohl ihm das Coaching gefällt, will er 2020 noch einmal auf der Doppel-Tour durchstart­en. Bis dahin kümmert er sich um Ofner, der ihn nach Wimbledon kontaktier­te. „Es ist für mich eine interessan­te Aufgabe, er hat viel Potenzial. Und das hat er gestern auch phasenweis­e gezeigt“, meinte der Wiener.

Woran aber muss Ofner vor allem noch arbeiten? „Er muss noch seine Spiel-Identität finden. Er hat ein sehr druckvolle­s, dominantes Spiel, und ich glaube, dass er das durchziehe­n muss – über einen längeren Zeitraum, Woche für Woche.“Denn gegen einen Weltklasse­spieler wie Thiem sei das noch einfacher, schließlic­h ist es die einzige Chance, um zu überrasche­n.

Aktuell ist Ofner die Nummer 167 der Welt, sein bisheriges Karriereho­ch erlebte er mit Platz 126 Anfang Mai 2019. „Die Top 100 sind definitiv für nächstes Jahr das Ziel. Da werde ich auch hart dran arbeiten“, sagt der Steirer. (red.)

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