„Ich kann nicht in die Kristallkugel schauen“
Bundesliga. Gerhard Struber hat den Wolfsberger AC am Höhepunkt der Klubgeschichte übernommen. Der 42-Jährige spricht über sexy und erfolgreichen Fußball, Bodenhaftung als Europacup-Fixstarter und seine Salzburg-Leihspieler.
Die Presse: War es nach dem halben Jahr als Red-Bull-Scout Ihr erklärter Wunsch, wieder als Cheftrainer zu arbeiten? Gerhard Struber: Das war das klare Ziel. Ich mache nebenher den Kurs zur Profi-Lizenz und habe mich zuletzt ein Stück weit auf die Ausbildung konzentriert. Jetzt stehe ich vor dem Abschluss, Fokus und Ressourcen sind wieder frei für eine Aufgabe als Trainer.
Was hat den Ausschlag für die Wolfsberger gegeben? Die Mannschaft hat den Unterschied gemacht. Sie ist sehr geerdet, trägt eine sehr interessante Mentalität in sich und hat Hunger für den nächsten Schritt. Das macht es auch für mich einfacher, meine Ideen einzubringen, um den Erfolgsweg fortzusetzen.
Erleichtert oder erschwert es die eigene Arbeit, zu einem Klub zu kommen, der die beste Saison seiner Geschichte gespielt hat? Das ist ein sensibles Thema. Natürlich will man die ein oder andere eigene Idee integrieren. Im Moment nimmt die Mannschaft das super an, ist richtig „on fire“. Deshalb bin ich sehr zuversichtlich, eine gute Balance zu finden.
Wie genau möchten Sie das Spiel der Mannschaft verfeinern? Durch geschlossenes, gemeinsames Attackieren, um Bälle zu erobern. Und über die vollen 90 Minuten auf dem Platz aufmerksam zu sein, sich keine mentalen Erholungsphasen zu leisten, sondern immer dran zu sein. Es gilt, die eigenen Sinne zu schärfen, da sind wir in der Vorbereitung einen guten Schritt weitergekommen.
Inwieweit hat sich die Rolle des WAC in der Liga durch die erfolgreiche Vorsaison verändert? Es ist ganz wichtig, uns richtig einzuschätzen – und das können wir. Wir wissen genau, wer wir sind, dass der WAC das kleinste Budget hat, und können das deshalb gut einordnen. Wir sind in keiner Weise Favorit, aber werden nach wie vor ein sehr schwieriger Gegner sein, es niemandem leicht machen. Das wird vielleicht nicht immer super sexy sein, aber uns weiterhin erfolgreich machen.
Die Erwartungen der Fans aber sind wohl gestiegen. Ein Risiko? Das werden wir sehen, ich kann nicht in die Kristallkugel schauen. Aber die Mannschaft hat Feuer, wird wieder alles in Waagschale werfen. Wenn man Engagement zeigt, verzeihen die Fans auch das ein oder andere weniger gute Ergebnis. Was nicht heißt, dass wir uns an weniger gute Ergebnisse gewöhnen wollen. Engagierter Fußball wird honoriert, davon bin ich überzeugt, und am Ende auch mit Punkten belohnt.
Wie gehen Sie das Thema Dreifachbelastung an?
Die Mannschaft hat sich diesen Bonus erarbeitet, und wir freuen uns auf diese Belastungen. Diese Europa-League-Spiele werden uns reifer machen. Die Herausforderung wird sein, danach wieder den Ligaalltag ins Auge zu bekommen, aber die Mannschaft ist demütig und dankbar. Die Liga steht über allem und ist letztlich die Eintrittskarte für den Europacup. Nur wer in der Liga performt, wird dort spielen.
Salzburg definiert sich als Ausbildungsklub – und der WAC? Wir wollen als Verein für Ergebnisse stehen, eine gute Rolle in der Bundesliga spielen. Das Investment in die Akademie ist groß, und wir wollen Spieler heranführen, nicht nur darüber reden. Aber die Jungen müssen liefern und leisten, sich das verdienen, dann werden sie Spielzeit bekommen. Dafür stehe ich, dafür steht der WAC, dass wir immer wieder junge Spieler ins kalte Wasser schmeißen.
Ihr Klub setzt heuer wieder auf Salzburg-Leihspieler. Verstehen Sie die Kritik mancher Fans? Es ist eine Win-win-Situation. Zum einen verstärken solche Spieler kurzfristig den Kader, zum andereren können unsere jungen Spieler sich von ihnen viel abschauen und lernen, das ist Best Practice. Man engagiert solche Spieler sicher nicht im Glauben, dass man für andere Klubs ausbildet.