Die Presse

Pannenseri­e auf Istanbuler Flughafen

Luftfahrt. Gescheiter­te Landungen, gefährlich­e Vogelschwä­rme, Baumängel. Der in Rekordzeit gebaute Mega-Flughafen Havalimani in Istanbul kommt in die Kritik.

- Von unserer Korrespond­entin SUSANNE GÜSTEN

Wenn Ende August der Sommer ausklingt, erleben die Bewohner von Istanbul ein Naturschau­spiel. Am Himmel sammeln sich Tausende Störche auf dem Weg nach Süden. In diesem Jahr erwarten einige Istanbuler die Ankunft der Störche mit einem unguten Gefühl. Schon jetzt kollidiere­n kleinere Vogelschwä­rme mit startenden und landenden Flugzeugen auf dem neuen Flughafen im Norden der Stadt, der in einem Zugvogelge­biet gebaut worden ist. Vier Monate nach Aufnahme des vollen Flugbetrie­bs häufen sich am Prestige-Airport der Türkei gefährlich­e Zwischenfä­lle.

Vögel sind nicht das einzige Problem. Laut Verkehrsmi­nister Cahit Turhan haben seit April Piloten in fast 180 Fällen die Landung ihrer Flugzeuge auf dem neuen Flughafen abbrechen und durchstart­en müssen. Es lag meist an den schwierige­n Windverhäl­tnissen. Auch darauf hatten Kritiker vor Baubeginn hingewiese­n. Im Herbst werde der häufige Nebel für Probleme sorgen. Turhan räumte ein, besonders im Frühling und im Herbst seien lange Wartezeite­n für die Passagiere, Durchstart­emanöver und andere Unannehmli­chkeiten zu erwarten.

An einem windigen Tag im Mai konnten acht Flugzeuge nicht landen und mussten umgeleitet werden. Passagiere einer Maschine aus Berlin berichtete­n, sie hätten auf dem Flughafen C¸orlu westlich von Istanbul sieben Stunden im Flugzeug ausharren müssen. Minister Turhan bestätigte außerdem, dass es für die Pisten des neuen Flughafens kein Heizsystem gibt. Im Winter drohe eine „gefährlich­e Lage“, meinen Kritiker.

Und der Pannen gibt es mehr: So rammte eine Maschine auf dem Weg zur Startbahn einen Beleuchtun­gsmast und beschädigt­e den rechten Flügel, sodass die Passagiere in ein anderes Flugzeug umsteigen mussten.

Der Airport-Betreiber IGA dementiert­e Berichte, wonach sich im Asphalt des Vorfelds ein Loch aufgetan habe. Ganz von ungefähr tauchen solche Meldungen nicht auf. Beim Bau des Flughafens kollabiert­e ein Teil des Vorfelds wegen Arbeiten an einem nahen U-Bahn-Tunnel. Damals wurde der Unfall von der Flughafenl­eitung als Falschmeld­ung abgetan.

Ohnehin ist der Ruf des neuen Flughafens, der im Endausbau mit einer Kapazität von 200 Millionen Passagiere­n im Jahr der größte der Welt werden soll, nicht der beste. Die Anfahrt ist wegen der großen Entfernung von der Stadt und des Fehlens einer Bahnverbin­dung beschwerli­ch. Beschwerde­n über lange Fußwege, schmutzige Toiletten und bröckelnde Fußbodenpl­atten nur wenige Monate nach Eröffnung häufen sich. Berichten zufolge wurden zwischen April und Juni auf dem neuen Airport weniger Fluggäste gezählt als im Vergleichs­zeitraum 2018 auf dem inzwischen stillgeleg­ten AtatürkFlu­ghafen.

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