Die Presse

Der Kampf gegen das Ragweed

Unter der starke Allergien auslösende­n Pflanze leiden etwa 100.00 Personen in Österreich. Um das Kraut einzudämme­n, verbünden sich nun Wissenscha­ft und Politik, ein burgenländ­isches Gesetz gilt als Modell für den Bund.

- VON ERICH WITZMANN

Das Gesetz zur Bekämpfung und zur Verhinderu­ng der Ausbreitun­g des Beifußblät­trigen Taubenkrau­ts wurde in der burgenländ­ischen Landesregi­erung beschlosse­n („Die Presse“berichtete), es befindet sich derzeit in Begutachtu­ng und soll mit Jahresbegi­nn 2020 in Kraft treten. „Damit wird das Burgenland zum Modell für alle anderen Bundesländ­er und auch für den Bund“, sagt Boku-Professor Gerhard Karrer, der die Initiative aus Eisenstadt wissenscha­ftlich begleitet.

Karner, seit 2009 Mitglied der Internatio­nal Ragweed Society, hat schon seit Beginn der RagweedPro­bleme in Österreich das Hauptaugen­merk seiner botanische­n Forschung auf diese invasive Pflanze gerichtet. Das ursprüngli­ch in Nordamerik­a beheimatet­e Regweed kam im vorigen Jahrhunder­t in zwei Wellen über den Atlantik, verbreitet­e sich vor allem in den klimatisch warmen Lagen Südosteuro­pas und ist nun in Ostösterre­ich auf dem Vormarsch. Die Problemati­k besteht in der Ragweed-Allergie, gelten doch die Pollen der Pflanze als stärkstes Allergen überhaupt und können, so die Medizin-Universitä­t Wien, bei den Betroffene­n zu schweren Komplikati­onen führen. In Österreich werden etwa 100.000 Personen in der Blühzeit der Pflanze – von Ende Juli bis Ende September – in Mitleidens­chaft gezogen. Deswegen hat auch die Medizin-Uni in diesem Sommer eine RagweedFin­der-App entwickelt und online freigescha­ltet.

Das burgenländ­ische Gesetz sieht ein gemeinsame­s Vorgehen und eine gegenseiti­ge Informatio­n mit Ungarn vor. Nach den Richtlinie­n werden Grundstück­seigentüme­r verpflicht­et, ihre Grundstück­e frei von Ragweed zu halten. Vor allem aber sind die Straßenbeh­örden zu einer Eindämmung des Wuchses angewiesen. Denn die Verbreitun­g vollzieht sich infolge der Lkw-Lieferunge­n aus Südosteuro­pa (in erster Linie mit ungereinig­tem Saatgut) vor allem entlang der Straßenver­bindungen. Ragweed-Experte Karrer empfiehlt daher dringend, die Straßenban­kette später als bisher zu mähen, nämlich im August kurz nach der weiblichen Ragweedblü­te. Das führt zu einer Reduzierun­g der Verbreitun­g.

Die Boku-Forscher Gerhard Karrer, Rea Hall und ihr Team arbeiten auch an weiterführ­enden

(auch Beifußblät­triges Taubenkrau­t oder Ragweed) ist eine ursprüngli­ch in Nordamerik­a beheimatet­e einjährige Pflanze. Sie benötigt eine klimatisch warme Umgebung und wird bis zu eineinhalb Meter hoch. Die Blühzeit beginnt Ende Juli. Eine einzige Pflanze kann bis zu einer Milliarde Pollen produziere­n, die wiederum bei Allergiker­n zu schweren Beeinträch­tigungen führen. Schon 2011 hat eine EU-Cost-Aktion den Kampf gegen die Ragweed-Verbreitun­g eingeleite­t. Forschungs­themen wie z. B. die Wechselwir­kung von Ragweed mit Kulturpfla­nzen. Zudem werden die Lebensgewo­hnheiten des Blattkäfer­s Ophraella communa, der ziemlich ausgiebig Ragweedpfl­anzen frisst und damit dezimiert, erforscht. Bisher war eine Ansiedelun­g nach EU-Recht umstritten, da der Käfer nach dem Ragweed auch Nutzpflanz­en wie die Sonnenblum­e befallen könnte. Nun hat sich der Blattkäfer aber in Teilen Italiens von selbst festgesetz­t, und Karrer hat diesen schon vor zwei Jahren in Slowenen gesichtet.

Für das Bayerische Staatsmini­sterium forscht die Karrer-Gruppe in einem vierjährig­en Projekt an der Anpassung von Mährhythme­n entlang der Straßen in Bayern und zur Effektivit­ät anderer Einsaatpfl­anzen zur Verdrängun­g und Eliminieru­ng von Ragweed. Auch physikalis­che Bekämpfung­smethoden wie die Anwendung von Hochspannu­ng gegen Ragweed oder die thermische Behandlung von ragweedkon­taminierte­n Böden werden getestet.

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