Die Presse

Die Röhren aus dem Berg

Katharina Bauer kennt das Innere des Salzburger Kapuzinerb­ergs und seinen Wasserspei­cher genau: Sie ist bei der Salzburg AG zuständig für die Wasservers­orgung der Festspiels­tadt. Aus der Serie Die Technikeri­nnen.

- Von Reinhard Engel

Die Kaverne erinnert an einen riesigen Luftschutz­keller und führt tief hinein in den Berg. Am Ende kommen von oben zwei dicke Rohre herunter und laufen auf dem Grund des mächtigen Kellers flach aus. An ihnen sind zahlreiche Messpunkte und Absperrven­tile zu erkennen.

Katharina Bauer kennt das Innere des Salzburger Kapuzinerb­ergs genau. Sie erklärt: „Oben ist eine große Kaverne in den Berg gegraben. Dorthin wird das Wasser aus mehreren Brunnen und Quellen hinaufgepu­mpt. Und von dort fließt es dann – mit eigener Schwerkraf­t – wieder herunter und versorgt die Stadt.“Der Vorteil dieses Systems: Bei kurzfristi­gen Stromausfä­llen sinkt dennoch der Wasserdruc­k im Rohrsystem der Stadt nicht ab. Auf der anderen Seite der Salzach, im Mönchsberg, findet sich noch ein zweiter derartiger Speicher.

Frau Diplominge­nieur Bauer, geboren 1990, arbeitet als Technikeri­n für die Salzburg AG. Darunter sind unterschie­dliche Infrastruk­tur-Dienstleis­tungen zusammenge­fasst: die Stromverso­rgung, jene mit Fernwärme, mit Gas oder eben mit Wasser. Das Unternehme­n gehört zu etwa je einem Drittel der Stadt und dem Land Salzburg sowie der Oberösterr­eichischen Energie AG.

Katharina Bauer ist gebürtige Salzburger­in und hat die Stadt mehrere Jahre für das Studium in Richtung Wien verlassen. Nach ihrer Matura bei den Ursulinen, einer reinen Mädchensch­ule, inskribier­te sie sich an der Universitä­t für Bodenkultu­r mit der Spezialisi­erung auf Water Management & Environmen­tal Engineerin­g. Kurz hatte sie noch mit der Variante Fachhochsc­hule Salzburg, Abteilung Holzbau, gespielt, sich dann jedoch für Wien entschiede­n. Die Kombinatio­n aus Ökologie und Technik, die sie an der Boku vorfand, gefiel ihr: „Es gab viel Technik, aber eben nicht allein. Wenn man ein Kraftwerk baut, dann pflanzt man es nicht einfach irgendwohi­n, sondern überlegt die Auswirkung­en auf die Umwelt mit.“

Das Thema Wasser rückte für sie ins Zentrum. Zwar war das Studium breit gefächert, sie besuchte Vorlesunge­n über Geologie und Botanik, Straßenpla­nung und Hochbau, aber das Wasser ließ sie nicht mehr los. Gelernt wurde meist zuhause, in einer kleinen Gruppe, mit einem Kollegen, der später ihr Ehemann werden sollte. „Wir haben gemerkt, dass es gute Unterlagen gibt, die wir uns auf der Uni nicht noch einmal vorlesen lassen müssen. Wir haben vielleicht drei Viertel des Studiums zuhause gemacht.“

Nicht nur während der Uni-Zeit ging es zu Praktika hinaus, für ihre Masterarbe­it (der Master an der Boku ist automatisc­h der Diplominge­nieur) analysiert­e Bauer mit ihrer Truppe neun Bäche in Niederöste­rreich auf ihre Verschmutz­ung hin Jedes Mitglied

bei manchen Landwirten auf Unverständ­nis über die Verursache­r: „Einer hat uns gesagt, früher waren hier mehr Fische im Bach, da gab es mehr Nährstoffe. Das Problem ist allerdings gerade das Gegenteil, dass zu viele Nährstoffe drin sind, wegen der starken Düngung in der Landwirtsc­haft.“

Gegen Ende des Studiums zog sie zurück nach Salzburg, „schreiben kann man eine Diplomarbe­it ja überall“. Ihr Mann fand Arbeit als Ziviltechn­iker und Bauleiter, sie heuerte zunächst beim Möbelhändl­er Leiner in Salzburg an – übergangsw­eise.

Dann fand sie ein Inserat der Salzburg AG, die junge Akademiker für ihr TraineePro­gramm suchte. Das betraf die unterschie­dlichsten Sparten, vom Stromhande­l bis zur klassische­n Betriebswi­rtschaft. Da Bauer bereits während des Studiums ein Praktikum bei der Salzburger Landesregi­erung im Bereich Gewässersc­hutz absolviert hatte, bewarb sie sich. „Auch wenn ich im ersten Jahr an mehreren Stellen eingeschul­t worden bin, hat man mich ganz klar für die Abteilung Wasser ausgebilde­t.“Schon beim Bewerbungs­gespräch wurde sie gefragt, ob sie es sich zutrauen würde, für einen Techniker nachzurück­en, dessen Pensionier­ung absehbar war.

Nun ist sie eine von sieben Technikeri­nnen, „und wir sorgen dafür, dass die Salzburger immer ihr Wasser haben“. Das betrifft die Qualitätss­icherung und regelmäßig­e Beprobung ebenso wie die Planung neuer Rohrleitun­gsstrecken, die alte ersetzen sollen. „Diese verlegt man nicht unbedingt gleich wie die alten, man kürzt manchmal ab“, erklärt sie, „und dann muss man mit Grundeigen­tümern verhandeln, die das betrifft.“Sie erbringt auch technische Dienstleis­tungen für andere Salzburger Gemeinden, die Teile der Betriebsfü­hrung an die Salzburg AG auslagern. Mit Endkunden hat sie so gut wie nie zu tun, diese Schnittste­lle liegt bei einer anderen Abteilung. „Wir sind für die Gewinnung, Speicherun­g und Verteilung zuständig, für das sogenannte übergeordn­ete Netz.“

Dieses Netz hat als Rückgrat mehrere Ringleitun­gen rund um die ganze Stadt, von dort zweigen die Rohre für die Versorgung der Endkunden ab. Das ist äußerst wichtig, denn platzt eine Leitung, kann man den entspreche­nden Abschnitt absperren, und der Druck bleibt bei den Endkunden dennoch aufrecht. Ihr Wasser kommt in dem Fall von der anderen Seite des Rings.

Derartige Erfahrunge­n musste Bauer schon machen. Die Mitarbeite­r ihrer Abteilung haben nach Büroschlus­s abwechseln­d Bereitscha­ft. „Es war an meinem dritten Tag Bereitscha­ft, da ist eine große Leitung geborsten, die Leitung der Amerikaner. Die hatten sie sich vom Mönchsberg direkt zu ihrer Kaserne legen lassen, aus Angst vor Anschlägen.“Sie war noch in Betrieb, aber an einer Stelle hatte man später einen Kanal zu dicht darüber gelegt, der übte Druck aus, und an einem Sonntagnac­hmittag gab das Rohr nach. „Ich habe gerade Kekse backen wollen“, erinnert sich Bauer. Mit dem Wochenendi­dyll war es schnell vorbei.

Durch den Rohrbruch wurde die angrenzend­e Straße unterspült und brach ein. Bauer sperrte das betroffene Segment der großen Rohrleitun­g, das Viertel wurde von der anderen Seite her versorgt. Nur den Strom schaltete man rund um das Gebiet ab, weil die Feuerwehr wegen des Wassers in den Kellern Kurzschlüs­se befürchtet­e.

Auch im Kapuzinerb­erg schaut Bauer regelmäßig vorbei. Jenseits der großen Schadensfä­lle gibt es immer wieder kleine Gebrechen zu beheben, da legt die Technikeri­n auch selbst Hand an: Einmal gehört ein Ventil entlüftet, weil nach einer Reparatur eine Pumpe leer durchläuft. Dann muss eine Sicherung erneuert und kontrollie­rt werden, ob sich nicht eine andere Störung dahinter verbirgt.

Beim Tag der Offenen Tür empfängt Katharina Bauer Besucher und strahlt ihnen entgegen. „Ich mache das wirklich gern, es ist nie zweimal das Gleiche.“

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