Die Presse

Mädchentra­um: Hexenhäusc­hen

Hausgeschi­chte. Maria Schöllauf verliebte sich schon als Kind in die „Promitzer Keuschn“im südsteiris­chen Kirchdorf an der Raab. Ab 1993 restaurier­te und erweiterte sie sie zum Alten Gehöft.

- VON DORIS BARBIER [ Barbier ]

Prächtige alte Bäume, Sträucher und Blumen in einem großen Garten, daneben weitläufig­e Wiesen für Hühner und Schafe: das Alte Gehöft, ein ländliches Idyll. „Als älteste Überliefer­ung ist das Bauernhaus als Urbar 222 des Stifts Rein vermerkt“, erzählt Maria Schöllauf von ihrem Anwesen. 1818 wurden ein Holzhaus (die Hälfte davon mit Gewölbekel­ler) und ein kleines Wirtschaft­sgebäude errichtet. 1873 kamen ein hölzerner Getreidesp­eicher und eine gemauerte Obstpresse mit Gewölbekel­ler dazu. Und um 1890 wurde noch ein kleiner Schweinest­all errichtet.

Rettung vor dem Verfall

Anno 1949 verließ Florian Promitzer, der Vater der heutigen Besitzerin, nach seiner Heirat das Haus und bewirtscha­ftete es aus sechs Kilometern Entfernung mit. So schlummert­e dieses Idyll über Jahrzehnte dahin und wäre wohl dem Verfall preisgegeb­en gewesen – wenn nicht Maria Schöllauf schon als Mädchen dem Charme der alten Mauern verfallen wäre und hartnäckig und „ein bisschen verrückt“ganz andere Pläne hegte. Sie hatte schon lang „von einem Hexenhäusc­hen geträumt – mit grünen Herzerlbal­ken und rotem Dach“.

1993 begann sie mit der Revitalisi­erung – und das Hexenhaus namens Hoamatl nahm in der Realität Gestalt an. Mit viel Liebe zum Detail wurde renoviert: Materialie­n wie altes Holz, Schafwolle, Ziegel, Lehm- und Kalkputze kamen zum Einsatz, auf Zement und Lacke wurde verzichtet. „Wichtig waren die Behaglichk­eit, der Charme des Kachelofen­s, die Möbel aus Vollholz“, erzählt die Besitzerin.

Anfangs war nur die Renovierun­g des Hoamatl vorgesehen. Mit dem EU-Projekt „Urlaub im Dorf“(Revitalisi­erung alter Bauernhäus­er) kam die Idee, die Gebäude touristisc­h zu nutzen. So wurde aus dem Wirtschaft­sgebäude der Heidboden, Getreidesp­eicher/Obstpresse zum Presshaus und Schweinest­all zum Romantikst­öckl. Zusammen mit Lagerfeuer­platz, Trampolin, Sandkiste sowie Schaukel und Kleintiere­n eigentlich perfekt, könnte man meinen.

Offene Kamine

Doch ein Zurücklehn­en und Genießen war nicht angesagt, im Gegenteil: „Von 2003 bis 2005 haben wir das Winzerhaus dazugebaut“, erzählt Schöllauf über das Wachsen des Anwesens. Es wurde fast zur Gänze aus Altmateria­lrestbestä­nden errichtet, dazu die bewährten Naturmater­ialien und Ziegelböde­n. Drei getrennte Apartments in gleicher Bauweise, aber unterschie­dlichen Größen entstanden – zu nutzen von zwei bis sieben Personen.

Dass fast alle Häuser über offene Kamine verfügen, ist natürlich kein Zufall. „Weil sie im Winter für heimelige Wärme sorgen und man, quasi als Alternativ­e zum Fernsehpro­gramm, so schön ins Feuer schauen kann“, meint Schöllauf. Geheizt wird mit Pellets und Erdwärme. Mit den Renovierun­gsarbeiten wuchs nicht nur das Projekt, sondern auch das Familienle­ben – die Enkelkinde­r hatten mittlerwei­le Gefallen daran gefunden, zumindest zeitweise auf den Lormanberg ziehen. „Durch die lange Bauzeit ist das Anwesen ganz natürlich gewachsen, und wir sind einfach mitgewachs­en“, meint Schöllauf, deren Werk mit der Auszeichnu­ng Steirische­s Wahrzeiche­n für die gelungene Revitalisi­erung bedacht wurde. Gemütliche­s Ambiente in der ehemaligen Keusche: Blick in die alte Stube mit Eckbank und Kamin.

 ?? [ Barbier ] ?? Das „Hexenhäusc­hen“stammt aus dem frühen 19., der Ausbau samt den Herzerlfen­stern aus dem späten 20. Jahrhunder­t.
[ Barbier ] Das „Hexenhäusc­hen“stammt aus dem frühen 19., der Ausbau samt den Herzerlfen­stern aus dem späten 20. Jahrhunder­t.
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