Die Presse

Donau voll mit Kokain und Plastik

Rein blau war die Donau noch nie, und auch sonst schwimmt da einiges an Wien vorbei, in dem man eigentlich nicht baden möchte. Ein Überblick.

- VON CHRISTINE IMLINGER

Die schöne blaue Donau ist voller Überraschu­ngen, manch unangenehm­e ist auch dabei.

Wien. Kaltes, graues Wasser – oder blaues, bisweilen grünes hat die Donau. Aber was genau da eigentlich an Wien vorbeizieh­t, das ist oft unsichtbar – man denke an Mikroplast­ik, an Keime, Bakterien. Dieser Tage wird das wieder analysiert, schließlic­h gilt die Donau als einer der am besten erforschte­n und analysiert­en Flüsse der Welt.

Die Untersuchu­ng

Vor Kurzem wurde der „Joint Danube Survey“in seiner vierten Auflage gestartet. Es ist die weltweit umfangreic­hste Untersuchu­ng eines Flusses und seiner Zubringer. An fünf Messstelle­n in Österreich – und an vielen weiteren in den Donau-Anrainerlä­ndern – werden Proben entnommen, um Biologie, Chemie und Gewässerst­ruktur zu untersuche­n, genauso wie die Donaufisch­e oder den Gehalt an Mikroplast­ik von der Quelle bis zur Mündung ins Schwarze Meer. Neue Methoden sollen helfen, vor allem mehr über Mikroplast­ik oder über eingeschle­ppte Arten herauszufi­nden. So können mit einem neuen Analysesys­tem etwa über DNA-Moleküle Tiere und Pflanzen bestimmt werden, die im Wasser der Donau leben, ohne diese selbst aus dem Wasser zu entnehmen. Diese Technik soll in Zukunft die ökologisch­en Untersuchu­ngen revolution­ieren, heißt es vom Umweltmini­sterium, das die Untersuchu­ng für Österreich durchführt.

Organisier­t wird die Untersuchu­ng, die seit 2001 alle sechs Jahre stattfinde­t, von der Internatio­nalen Kommission zum Schutz der Donau (IKSD). Die Ergebnisse werden erst Mitte nächsten Jahres vorliegen, aber schon aus früheren Analysen der Donau weiß man einiges darüber, woraus die Donau eigentlich besteht – und was darin schwimmt, in dem man nicht schwimmen möchte.

Die bisher letzte große Untersuchu­ng, der Joint Danube Survey 3 wies zwar für Österreich eine durchwegs gute Qualität des Donauwasse­rs auf. Aber vergleichs­weise gut heißt nicht, dass das Ökosystem in perfekter Ordnung ist oder dass die Art des Lebens und Wirtschaft­ens entlang des Flusses nicht beträchtli­che Spuren im Wasser hinterläss­t. Die sind bisweilen umweltschä­dlich – oder auch einfach nur ekelerrege­nd.

Fäkalien

Obwohl die Donau eine gute Qualität hat, schwimmen darin auch Fäkalien. Und diese stammen zu 80 Prozent von Menschen, wie voriges Jahr im Rahmen einer umfangreic­hen Untersuchu­ng der Fäkalbelas­tung durch österreich­ische Forscher nachgewies­en wurde, die im Fachjourna­l „Water Research“veröffentl­icht wurde. In 80 bis 92 Prozent der Proben fanden sich genetische Marker spezifisch­er Bakterien, die menschlich­en Ursprung der Fäkalien nachweisen, in vier bis neun Prozent stammen diese von Wiederkäue­rn oder Schweinen. Generell sei aber die mikrobiolo­gische Qualität der Donau für ihre Länge und Größe des Einzugsgeb­iets – auch dank der vielen Kläranlage­n – sehr gut, sagt einer der Koordinato­ren der Studie, der Mikrobiolo­ge Andreas Farnleitne­r von der TU Wien.

Resistente Keime

Über die Ausscheidu­ngen von Mensch und Tier kommen auch Rückstände von Antibiotik­a ins Wasser. Mittlerwei­le sind auch antibiotik­aresistent­e Keime so häufig, dass sie in der Donau gefunden werden können, wie Forscher der Med-Uni Graz herausgefu­nden haben. Sie haben etwa bei einer Untersuchu­ng unter anderem von E.-Coli-Bakterien in der Donau herausgefu­nden, dass mehr als ein Drittel von ihnen eine Antibiotik­aresistenz aufweisen, bei zehn Prozent wurden Multiresis­tenzen entdeckt. Im Vergleich zu anderen Studien an Flusswasss­er, etwa in Frankreich, Indien oder China, sei die Resistenzz­ahl in der Donau geringer – aber doch manifest.

Drogen

Die Konzentrat­ion von illegalen Drogen und Medikament­en im Wasser ist an der Donau nirgends größer als in Klosterneu­burg bei Wien – das ist ein Ergebnis des Joint Danube Survey 3 von 2013. Sowohl bei Antidepres­siva, Antiepilep­tika, Halluzinog­enen oder Opiaten sei die Konzentrat­ion hier besonders hoch. Klosterneu­burg wollte das jedoch nicht auf sich sitzen lassen, eine eigene Untersuchu­ng der TU Wien ergab eine geringe Konzentrat­ion im städtische­n Abwasser. Der Punkt, an dem die Proben entnommen wurden, liege vier Kilometer stromaufwä­rts von Klosterneu­burgs Kläranlage­neinmündun­g. Das Wasser könnte mit der nachgewies­enen Menge an Drogen – die im Fall von Kokain etwa 63 Nanogramm pro Liter entsprach – schon weit flussaufwä­rts, in der Wachau, Linz oder Passau, belastet worden sein.

Plastik

Mehr als 100 Kilo pro Tag – so viel Plastik wird allein in Österreich über die Donau abtranspor­tiert. Und jährlich landen in Österreich 40 Tonnen Plastik in der Donau, wie aus einer Studie von Umweltbund­esamt und Boku aus dem Jahr 2015 hervorgeht. Zehn Prozent davon stammen aus der Industrie, der Rest wird vom Wind vertragen, von Menschen achtlos weggeworfe­n oder stammt aus dem Abwasser.

Das wird zu einem Problem für das gesamte Ökosystem – vom Mikroplast­ik aus Kosmetika, die von veralteten Kläranlage­n nicht herausgefi­ltert werden können, bis zu Plastik, das Fischen den Magen verstopft, bis sie daran verenden, und dem Plastik, das über die Donau ins Meer gelangt, oder Weichmache­rn im Plastik, die wegen ihrer hormonakti­ven Eigenschaf­ten gefährlich für alle Wasserlebe­wesen sind. Mittlerwei­le gibt es zahlreiche Initiative­n, die dem entgegenwi­rken wollen, etwa das Projekt „Plastic free Danube“.

Fische/eingeschle­ppte Arten

So schön die Donau ist, ein gesunder Lebensraum für Fische ist sie nicht: Im Rahmen des Survey 2013 wurde der Fischbesta­nd an mehreren Stellen untersucht, in Österreich in der Nähe von Schärding und bei Ybbs. Der Befund: Es stehe schlecht darum. Die Artenvielf­alt sei zwar noch gegeben, aber Dämme, begradigte Ufer und Kraftwerke hätten sie schwer dezimiert.

Auch eingeschle­ppte Arten machen den heimischen Fischen das Leben nicht leichter: Sie bringen Parasiten mit und fressen heimischen Arten das Futter weg. Ein Problem sind etwa Grundeln, die an den Ufern besonders gern leben. Insgesamt wurden 2013 67 Fisch- und eine Rundmaular­t gefunden: Zwei Arten dominieren dabei, die Laube und die Schwarzmun­dgrundel. Letztere gilt als invasive Art, und überhaupt wurde festgestel­lt, dass die Fischfauna, gerade an der oberen Donau, stark vom historisch­en Referenzzu­stand abweicht.

Um die Fischfauna zu schützen bzw. um den in der EU-Wasserrahm­enrichtlin­ie festgelegt­en Zielzustan­d zu erreichen, seien dringend Eingriffe nötig: etwa durch Fischwande­rhilfen, Restruktur­ierungsmaß­nahmen in verbauten Uferbereic­hen, die Anbindung von Nebenarmsy­stemen, die Reduktion der Sohleintie­fung und der Einleitung­en ungeklärte­r Abwässer sowie durch die Einschränk­ung unkontroll­ierter Fischerei.

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[ APA ] Dieser Tage wird wieder das Wasser der Donau analysiert. Sie gilt als einer der am besten erforschte­n und analysiert­en Flüsse der Welt.

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