Donau voll mit Kokain und Plastik
Rein blau war die Donau noch nie, und auch sonst schwimmt da einiges an Wien vorbei, in dem man eigentlich nicht baden möchte. Ein Überblick.
Die schöne blaue Donau ist voller Überraschungen, manch unangenehme ist auch dabei.
Wien. Kaltes, graues Wasser – oder blaues, bisweilen grünes hat die Donau. Aber was genau da eigentlich an Wien vorbeizieht, das ist oft unsichtbar – man denke an Mikroplastik, an Keime, Bakterien. Dieser Tage wird das wieder analysiert, schließlich gilt die Donau als einer der am besten erforschten und analysierten Flüsse der Welt.
Die Untersuchung
Vor Kurzem wurde der „Joint Danube Survey“in seiner vierten Auflage gestartet. Es ist die weltweit umfangreichste Untersuchung eines Flusses und seiner Zubringer. An fünf Messstellen in Österreich – und an vielen weiteren in den Donau-Anrainerländern – werden Proben entnommen, um Biologie, Chemie und Gewässerstruktur zu untersuchen, genauso wie die Donaufische oder den Gehalt an Mikroplastik von der Quelle bis zur Mündung ins Schwarze Meer. Neue Methoden sollen helfen, vor allem mehr über Mikroplastik oder über eingeschleppte Arten herauszufinden. So können mit einem neuen Analysesystem etwa über DNA-Moleküle Tiere und Pflanzen bestimmt werden, die im Wasser der Donau leben, ohne diese selbst aus dem Wasser zu entnehmen. Diese Technik soll in Zukunft die ökologischen Untersuchungen revolutionieren, heißt es vom Umweltministerium, das die Untersuchung für Österreich durchführt.
Organisiert wird die Untersuchung, die seit 2001 alle sechs Jahre stattfindet, von der Internationalen Kommission zum Schutz der Donau (IKSD). Die Ergebnisse werden erst Mitte nächsten Jahres vorliegen, aber schon aus früheren Analysen der Donau weiß man einiges darüber, woraus die Donau eigentlich besteht – und was darin schwimmt, in dem man nicht schwimmen möchte.
Die bisher letzte große Untersuchung, der Joint Danube Survey 3 wies zwar für Österreich eine durchwegs gute Qualität des Donauwassers auf. Aber vergleichsweise gut heißt nicht, dass das Ökosystem in perfekter Ordnung ist oder dass die Art des Lebens und Wirtschaftens entlang des Flusses nicht beträchtliche Spuren im Wasser hinterlässt. Die sind bisweilen umweltschädlich – oder auch einfach nur ekelerregend.
Fäkalien
Obwohl die Donau eine gute Qualität hat, schwimmen darin auch Fäkalien. Und diese stammen zu 80 Prozent von Menschen, wie voriges Jahr im Rahmen einer umfangreichen Untersuchung der Fäkalbelastung durch österreichische Forscher nachgewiesen wurde, die im Fachjournal „Water Research“veröffentlicht wurde. In 80 bis 92 Prozent der Proben fanden sich genetische Marker spezifischer Bakterien, die menschlichen Ursprung der Fäkalien nachweisen, in vier bis neun Prozent stammen diese von Wiederkäuern oder Schweinen. Generell sei aber die mikrobiologische Qualität der Donau für ihre Länge und Größe des Einzugsgebiets – auch dank der vielen Kläranlagen – sehr gut, sagt einer der Koordinatoren der Studie, der Mikrobiologe Andreas Farnleitner von der TU Wien.
Resistente Keime
Über die Ausscheidungen von Mensch und Tier kommen auch Rückstände von Antibiotika ins Wasser. Mittlerweile sind auch antibiotikaresistente Keime so häufig, dass sie in der Donau gefunden werden können, wie Forscher der Med-Uni Graz herausgefunden haben. Sie haben etwa bei einer Untersuchung unter anderem von E.-Coli-Bakterien in der Donau herausgefunden, dass mehr als ein Drittel von ihnen eine Antibiotikaresistenz aufweisen, bei zehn Prozent wurden Multiresistenzen entdeckt. Im Vergleich zu anderen Studien an Flusswassser, etwa in Frankreich, Indien oder China, sei die Resistenzzahl in der Donau geringer – aber doch manifest.
Drogen
Die Konzentration von illegalen Drogen und Medikamenten im Wasser ist an der Donau nirgends größer als in Klosterneuburg bei Wien – das ist ein Ergebnis des Joint Danube Survey 3 von 2013. Sowohl bei Antidepressiva, Antiepileptika, Halluzinogenen oder Opiaten sei die Konzentration hier besonders hoch. Klosterneuburg wollte das jedoch nicht auf sich sitzen lassen, eine eigene Untersuchung der TU Wien ergab eine geringe Konzentration im städtischen Abwasser. Der Punkt, an dem die Proben entnommen wurden, liege vier Kilometer stromaufwärts von Klosterneuburgs Kläranlageneinmündung. Das Wasser könnte mit der nachgewiesenen Menge an Drogen – die im Fall von Kokain etwa 63 Nanogramm pro Liter entsprach – schon weit flussaufwärts, in der Wachau, Linz oder Passau, belastet worden sein.
Plastik
Mehr als 100 Kilo pro Tag – so viel Plastik wird allein in Österreich über die Donau abtransportiert. Und jährlich landen in Österreich 40 Tonnen Plastik in der Donau, wie aus einer Studie von Umweltbundesamt und Boku aus dem Jahr 2015 hervorgeht. Zehn Prozent davon stammen aus der Industrie, der Rest wird vom Wind vertragen, von Menschen achtlos weggeworfen oder stammt aus dem Abwasser.
Das wird zu einem Problem für das gesamte Ökosystem – vom Mikroplastik aus Kosmetika, die von veralteten Kläranlagen nicht herausgefiltert werden können, bis zu Plastik, das Fischen den Magen verstopft, bis sie daran verenden, und dem Plastik, das über die Donau ins Meer gelangt, oder Weichmachern im Plastik, die wegen ihrer hormonaktiven Eigenschaften gefährlich für alle Wasserlebewesen sind. Mittlerweile gibt es zahlreiche Initiativen, die dem entgegenwirken wollen, etwa das Projekt „Plastic free Danube“.
Fische/eingeschleppte Arten
So schön die Donau ist, ein gesunder Lebensraum für Fische ist sie nicht: Im Rahmen des Survey 2013 wurde der Fischbestand an mehreren Stellen untersucht, in Österreich in der Nähe von Schärding und bei Ybbs. Der Befund: Es stehe schlecht darum. Die Artenvielfalt sei zwar noch gegeben, aber Dämme, begradigte Ufer und Kraftwerke hätten sie schwer dezimiert.
Auch eingeschleppte Arten machen den heimischen Fischen das Leben nicht leichter: Sie bringen Parasiten mit und fressen heimischen Arten das Futter weg. Ein Problem sind etwa Grundeln, die an den Ufern besonders gern leben. Insgesamt wurden 2013 67 Fisch- und eine Rundmaulart gefunden: Zwei Arten dominieren dabei, die Laube und die Schwarzmundgrundel. Letztere gilt als invasive Art, und überhaupt wurde festgestellt, dass die Fischfauna, gerade an der oberen Donau, stark vom historischen Referenzzustand abweicht.
Um die Fischfauna zu schützen bzw. um den in der EU-Wasserrahmenrichtlinie festgelegten Zielzustand zu erreichen, seien dringend Eingriffe nötig: etwa durch Fischwanderhilfen, Restrukturierungsmaßnahmen in verbauten Uferbereichen, die Anbindung von Nebenarmsystemen, die Reduktion der Sohleintiefung und der Einleitungen ungeklärter Abwässer sowie durch die Einschränkung unkontrollierter Fischerei.