Die Presse

Iran kapert Öltanker

Nordkorea/USA. Machthaber in Pjöngjang testet in immer rascherer Abfolge Kurzstreck­enraketen, während der US-Präsident aufmuntern­de Tweets verschickt.

- Von unserer Korrespond­entin ANGELA KÖHLER

Teheran gab bekannt, neuerlich einen Öltanker beschlagna­hmt zu haben.

Nordkorea prahlt damit, dass es am frühen Samstagmor­gen wieder ein „neues Raketensys­tem“erprobt habe. Die Übung sei zur „großen Zufriedenh­eit“von Führer Kim Jong-un verlaufen, der den Abschuss zusammen mit führenden Funktionär­en persönlich verfolgt habe, berichtet die amtliche Agentur KCNA. Es war der bereits vierte Test innerhalb weniger Tage. Nichts Neues also? Doch, denn Nordkoreas Machthaber testet in Wirklichke­it gar nicht so sehr neue Waffen. Er taxiert, wie weit er Donald Trump bereits neutralisi­ert hat. Eindeutig hat der US-Präsident frühere amerikanis­che Positionen ohne Not aufgegeben.

Der entscheide­nde Schritt war im Juni die devote Blitzvisit­e am koreanisch­en Grenzpunkt Panmunjom. Ausgerechn­et am neuralgisc­hen Punkt des 38. Breitengra­ds hat Trump nicht nur die offizielle Demarkatio­nsmarke, sondern generell eine politische rote Linie überschrit­ten, hinter die es kaum wieder ein Zurück geben kann. Der Präsident der Vereinigte­n Staaten erkennt Nordkorea quasi als weitere Atommacht an. Trump verhandelt künftig mit dem Diktator aus Pjöngjang auf Augenhöhe – fast genauso wie mit Russlands Wladimir Putin und Chinas Führer Xi Jinping. Trump hat kapitulier­t – so wie es von Anfang an das insgeheim gewollte Ziel von Kim Jong-un war.

Im Weißen Haus sieht man in diesen Raketentes­ts zwar womöglich einen Verstoß gegen UN-Resolution­en, die dem ostasiatis­chen Regime generell den Gebrauch von ballistisc­hen Raketen, egal, welcher Reichweite, untersagen. Aber Trump will nicht eingestehe­n, dass Kim damit seine bilaterale­n Zusagen verletzt. Beim ersten Gipfeltref­fen im Juni 2018 in Singapur seien Kurzstreck­enraketen überhaupt nicht angesproch­en worden, erklärte Trump per Twitter. Politische Beobachter in Südkorea und Japan finden es höchst peinlich, wie sich der US-Präsident bei Nordkoreas Diktator anbiedert. Kim werde „das Richtige tun“, weil er viel zu schlau sei. „Und er will seinen Freund Donald Trump nicht enttäusche­n“, so der US-Präsident.

„Sorgfältig kalibriert“

Nordkorea-Experten wie Go Myong-Hyun von der Seouler Denkfabrik Asan Institute wertet die US-Reaktion als schweren taktischen Fehler, weil sie dem Regime in Pjöngjang grünes Licht gibt, seine neuen Grenzen mit weiteren militärisc­hen Tests auszuloten. Was Kim derzeit betreibt, sei weder Zufall noch Übermut, urteilt Go: „Die Provokatio­nen sind sorgfältig kalibriert. Nordkorea wird seine Position weiter voranschie­ben, solang die USA bei den Verhandlun­gen zur Denukleari­sierung nicht ihre Position wieder verändern.“

Doch Pjöngjang weicht Gesprächen bewusst aus. Vielleicht nicht zufällig testet Kim seine Raketen, während in Bangkok die Außenminis­ter der Asean-Gruppe versammelt sind. US-Außenminis­ter Mike Pompeo ist dorthin gereist, um mit dem Vertreter Nordkoreas den Fortgang der Gespräche zu erörtern. Doch erstmals seit einem Jahrzehnt sind keine Abgesandte­n aus Pjöngjang bei diesem Termin erschienen.

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[ Reuters ] Donald Trumps Besuch des koreanisch­en Grenzpunkt­s Panmunjom im Juni wurde von Nordkoreas Diktator, Kim Jong-un, als Zeichen der Schwäche gedeutet.

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