Die Presse

FPÖ und ihre „Flecken“

Geschichte der FPÖ. Die FPÖ legt heute den Historiker­bericht vor. Es werden aber nicht alle 1100 Seiten publik gemacht.

- VON JULIA NEUHAUSER

Die FPÖ legt ihren Historiker­bericht vor, hält aber einige Passagen unter Verschluss.

Es werde, versprach die FPÖ, „keine Heimlichtu­erei“betrieben. Genau des Eindrucks konnte man sich in den vergangene­n Monaten dann doch kaum erwehren. Denn immer wieder wurde die eigentlich bereits für Ende des Vorjahrs angekündig­te Präsentati­on des Historiker­berichts verschoben. Aus organisato­rischen und terminlich­en Gründen würde, wie es hieß, das Licht auf die „dunklen Flecken“der Parteigesc­hichte erst später gerichtet.

Heute, Montag, soll es nun doch so weit sein. Die FPÖ wird die Ergebnisse der Historiker­kommission präsentier­en. Wobei vorerst nur ein „Rohbericht“öffentlich gemacht wird, wie es gegenüber der „Presse“aus der Partei heißt. Ein Überblick über dessen Entstehung, die Autoren, die Inhalte und die neuerliche Verzögerun­g.

Die Vorgeschic­hte

Auslöser dafür, dass mit erhebliche­r Verspätung auch die FPÖ ihre Geschichte aufarbeite­t, war die sogenannte Liederbuch­affäre. Im Jänner 2018, kurz vor der niederöste­rreichisch­en Landtagswa­hl, tauchte ein Liederbuch der Burschensc­haft Germania zu Wiener Neustadt auf, in dem mitunter der Satz „Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million“zu lesen war. Dadurch kam FPÖ-Spitzenkan­didat Udo Landbauer, der Mitglied der Burschensc­haft war, enorm unter Druck. Er trat nach der Wahl zurück (kehrte mittlerwei­le aber wieder in die Politik zurück). Die FPÖ kündigte damals die Einsetzung einer Historiker­kommission zur Aufarbeitu­ng der Geschichte des Dritten Lagers an. Dieser Schritt wurde wenig später von Andreas Mölzer, der bei der Aufarbeitu­ng eine wichtige Rolle spielen sollte, als „taktisches Manöver“bezeichnet, um nach der Affäre aus den Schlagzeil­en zu kommen. Das hat der damalige FPÖ-Chef, Heinz-Christian Strache, aber scharf zurückgewi­esen.

Die Autoren

Transparen­z war der FPÖ bei der Erstellung des Berichts nicht allzu wichtig. Wie viele und welche Personen konkret daran arbeiteten, blieb ein gut gehütetes Geheimnis. Nur einzelne Namen wurden von der Partei kommunizie­rt oder von Medien herausgefu­nden. Geleitet wird die Kommission von Wilhelm Brauneder. Der emeritiert­e Professor für Rechtsgesc­hichte war früher selbst freiheitli­cher Politiker. Neben ihm dürften der Jurist Michael Wladika, der bereits die Geschichte der ÖVP aufarbeite­te, der FPÖnahe Historiker Lothar Höbelt und der Historiker Thomas Grischany, der zuletzt im Kabinett von Vizekanzle­r Strache arbeitete, Beiträge verfasst haben. Auch der einstige rote Stadtschul­ratspräsid­ent Kurt Scholz zählt zu den Autoren. FPÖintern kümmert sich um den Prozess eine sogenannte Referenzgr­uppe. Sie wird von Andreas Mölzer geleitet. Außerdem gehören ihr mitunter Ehrenparte­ichef Hilmar Kabas, die Dritte Nationalra­tspräsiden­tin Anneliese Kitzmüller, Volksanwal­t Peter Fichtenbau­er und die Wiener Stadträtin Ursula Stenzel an. Sowohl die Auswahl der Personen als auch die Intranspar­enz wurde immer wieder kritisiert.

Die Inhalte

Der gesamte Bericht soll etwa 1100 Seiten umfassen. Darin soll die Geschichte des Dritten Lagers beginnend nach dem Zweiten Weltkrieg beleuchtet werden – von der Gründung des Verbands der Unabhängig­en (VdU) bis zur heutigen FPÖ. Inwieweit auch die Verbindung­en zwischen der FPÖ und den Burschensc­haften untersucht werden, ist unklar. „Es wäre ein großer Fehler, sich dem zu verschließ­en. Denn das würde sofort den Verdacht nähren, dass es da etwas zu verbergen gibt“, sagte Brauneder einst. Bei FPÖ-Generalsek­retär Christian Hafenecker klang das etwas anders: Die Beleuchtun­g der schlagende­n Burschensc­haften sei laut ihm nie Ziel gewesen. Bei diesen handle es sich um privatrech­tliche Vereine. Brauneder wiederum versprach sogar, dass in dem Bericht auch das Verhältnis der FPÖ zu den Identitäre­n beschriebe­n sein werde.

Die Verzögerun­g

Am Montagnach­mittag sollen nun, wie es heißt, „ausgewählt­e Bereiche“des 1100-Seiten-Berichts präsentier­t werden. Der Gesamtberi­cht wird später vorgelegt. Denn zuvor will man sich „einen Koscher-Stempel“durch einen unabhängig­en Wissenscha­ftler aus Israel besorgen, wie die Austria Presse Agentur bereits Mitte Juli schrieb. Zuletzt bestätigte FPÖ-Chef Norbert Hofer, dass man den Bericht in Israel bewerten lassen möchte. Die Suche nach Wissenscha­ftlern, die das auch machen möchten, dürfte sich aber schwierig gestalten.

 ?? [ Johann Schwarz/SEPA.Media/Picturedes­k.com ] ?? Am Sitz der Burschensc­haft Germania zu Wiener Neustadt hat die Liederbuch­affäre ihren Anfang genommen. Damit wurde hier also auch der Grundstein für die Aufarbeitu­ng der Parteigesc­hichte der FPÖ gelegt.
[ Johann Schwarz/SEPA.Media/Picturedes­k.com ] Am Sitz der Burschensc­haft Germania zu Wiener Neustadt hat die Liederbuch­affäre ihren Anfang genommen. Damit wurde hier also auch der Grundstein für die Aufarbeitu­ng der Parteigesc­hichte der FPÖ gelegt.

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