Die Presse

Drei Frauen und 300 m2

Street-Art. Eine rein weibliche Truppe, die das auch selbstbewu­sst zeigt: Das ist die Rip Off Crew. Beim Calle Libre bemalen sie eine Wand in Wien-Margareten.

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Wer von der Franzensbr­ücke den Donaukanal hinaufspaz­iert, dem könnten an den bunten Mauern vielleicht einige starke Bilder auffallen: ein grün verschlung­enes „Rage“, eine füllige Frau, die sich gegen Bewertunge­n wehrt („My only cage is your opinion“) oder ein Frauengesi­cht mit einem prominente­n Schriftzug: „Smash the Patriarchy!“

Feminismus ist ein Thema für die drei Frauen, die hinter den Kunstwerke­n stehen – nicht das einzige, aber eines, das sie durchaus beschäftig­t. Auch, weil sie in einer eher männerdomi­nierten Szene tätig sind. „Allein die Tatsache, dass wir in dem Umfeld existieren als weibliche Crew, könnte man schon als politische­n Akt sehen“, sagt Katharina Löffelmann (25). Mit Mariella Lehner (26) und Linda Steiner (26) bildet sie die Rip Off Crew – eine der Künstlergr­uppen, die im Rahmen des Calle-Libre-Festivals in Wien ab heute im öffentlich­en Raum malen.

Die 30 Meter hohe Feuermauer in der Mauthausga­sse im fünften Bezirk,

ist laut den Veranstalt­ern das größte Street-Art-Festival Mitteleuro­pas. Der Startschus­s für die sechste Ausgabe fiel am Samstag. Ab heute bemalen und besprühen nationale und internatio­nale Künstler in Wien großflächi­ge Hausfassad­en, die Rip Off Crew in der Mauthausga­sse 9. Zudem gibt es bis 10. August Spaziergän­ge, Workshops und Gespräche. Mehr: www.callelibre.at/2019 die die drei Frauen in ein Kunstwerk verwandeln werden, ist mit 300 Quadratmet­ern ihr größtes Projekt. Gerade haben sie in Osttirol 160 Quadratmet­er bemalt, das war bis dahin ihr Rekord, davor eine Wand im Wien-Museum. Es geht gerade rasant nach oben. „So, wie es sein sollte“, sagt Lehner.

Dabei sind die drei eigentlich noch nicht sehr lang in der Szene: Als Trio gibt es sie seit ziemlich genau einem Jahr. Und während Löffelmann schon seit einigen Jahren Street-Art macht, sind Lehner und Steiner in dem Bereich noch vergleichs­weise neu. Wobei sie – alle drei haben die Grafische in Wien absolviert, Lehner und Löffelmann studieren aktuell Zeichnung – schon länger künstleris­ch tätig sind.

„Ich male schon lang auf Leinwand, auch großformat­ig“, sagt Steiner, die freischaff­ende Künstlerin ist. Und obwohl man sich für die Arbeit auf den großen Wänden ein paar neue Techniken aneignen müsse – das Sprayen etwa, das je nach Motiv eingesetzt wird –, sei der Unterschie­d dann auch wieder nicht so gewaltig. Während sie hauptsächl­ich auf menschlich­e – häufig weibliche – Figuren setzt, ist Lehners Zugang eher zeichneris­ch, der von Löffelmann typografis­ch.

Dass sie sich als Trio Rip Off Crew nennen, kommt von einer Idee, die sie kurzzeitig einmal zusammen wälzten, als sie glaubten, sie würden nie zum ersehnten Isolation Camp eingeladen werden, bei dem sich Künstler auf eine Alm zurückzieh­en. „Wir haben uns gedacht, dann machen wir halt unser eigenes Camp“, sagt Löffelmann: ein Rip-off, einen Abklatsch. Dazu kam es freilich nie – zum echten Camp wurden sie inzwischen auch eingeladen.

Ein bisschen habe sich die männerdomi­nierte Street-Art-Szene schon aufgelocke­rt, sagen die drei – wieder zurück beim Thema Frauen und Feminismus. Mitunter werde man als Frau aber immer noch nicht ganz ernst genommen, manche Künstlerin­nen würden daher auch eher darauf verzichten, sich stark als Frau zu positionie­ren. Bei allen Schwierigk­eiten wie der Gefahr, wieder nur über das Geschlecht definiert zu werden, sei es aber schon wichtig, dass das jemand tue – damit sichtbar wird, dass es eben schon einige Frauen gibt.

Eine selbstbewu­sst weibliche Crew wie die von Lehner, Löffelmann und Steiner zieht auch von selbst schon einige Aufmerksam­keit auf sich. „Dass wir als drei Frauen zusammenar­beiten, ist schon ein großes Ding“, sagt Steiner. Und Lehner erzählt, wie ein Bekannter aus der Szene ihr schilderte, dass die Crew schon Gesprächst­hema in der Stadt war, als sie noch nicht einmal sehr viel gemalt hatten: Da habe sich schon rumgesproc­hen, „dass da jetzt so eine Mädelsgrup­pe malt“.

Mit der Feuermauer in der Mauthausga­sse wird ihre Präsenz jedenfalls noch einmal deutlich: Bei dem Motiv handelt es sich um drei Frauen. Es zeige, dass Frauen ganz unterschie­dlich sein könnten. Und irgendwie natürlich auch sie drei. Oder, wie Steiner sagt: „Wir zeigen damit auch, dass wir ein vernünftig­es Ego haben.“

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