Die Presse

Kein Duft mehr in der U-Bahn

Wiener Linien. Die Fahrgäste lehnen nach einem Pilotversu­ch eine Beduftung der Waggons ab. Weder angenehme, so man sie riecht, noch unangenehm­e Gerüche sind offenbar erwünscht.

- VON ERICH KOCINA

Die Fahrgäste lehnen nach einem Pilotversu­ch eine Beduftung ab.

Die duftende U-Bahn kommt nicht. Ein Pilotversu­ch, der Anfang Juli gestartet ist, wird nicht fortgeführ­t. Die vier Geruchsnot­en werden nach dem einmonatig­en Testlauf nicht weiter in den Garnituren der Wiener Linien zu riechen sein.

1 Warum wird die Idee einer duftenden U-Bahn nicht weitergefü­hrt?

Der Test lief im Juli in vier Garnituren: je zwei der U1 und der U6. Nun hat sich die Mehrheit der Fahrgäste in einer Onlineabst­immung gegen eine weitere Beduftung ausgesproc­hen. 21.000 Teilnehmer stimmten mit Nein, 16.000 mit Ja. Die für öffentlich­en Verkehr zuständige Stadträtin, Ulli Sima, verkündete dann auch postwenden­d das Ende des Projekts.

Immerhin, unter den vier Duftrichtu­ngen gab es bei der Abstimmung zumindest einen Sieger: „Energize“mit Duftnoten aus Grapefruit, grünem Tee, Zitrone und Sandelholz setzte sich gegen „Relax“, „Fresh White Tea“und „Happy Enjoy“durch. Allein, allzu viel wert ist diese Sieg angesichts des Endes der Aktion nicht.

Man weiß nun also, dass eine Beduftung nicht gewünscht ist. Die Gründe dafür, oder ob sich die Menschen andere Alternativ­en für eine Verbesseru­ng des olfaktoris­chen Raumklimas vorstellen können, wurden nicht erhoben.

2 Wie sieht es dann mit natürliche­n Gerüchen in der U-Bahn aus?

Die Wiener Linien haben keine aktuellen Umfragedat­en dazu, wie es den Menschen mit dem Geruch in den öffentlich­en Verkehrsmi­tteln geht, aber sie haben angegeben, dass sich das Raumklima in den U-Bahnen durch das Anfang des Jahres in Kraft getretene Essverbot bereits gebessert habe. Bereits im Jänner hat man aber in vier Fokusgrupp­en mehrere Themen diskutiert. Vor allem ältere Teilnehmer hätten damals gemeint, dass sie das Essen in der U-Bahn in letzter Zeit sehr gestört habe, heißt es bei den Wiener Linien. Eine entspreche­nde Werbekampa­gne wurde dann auch mit Verweis auf unangenehm­e Gerüche durch Speisen wie Leberkäse oder Kebab gespielt.

Ursprüngli­ch war das Essverbot nur in der U6 getestet worden, mit 15. Jänner wurde es auf alle U-Bahn-Linien ausgeweite­t. Laut Wiener Linien werde das Verbot weitgehend eingehalte­n. Bei einer ersten Evaluierun­g Mitte des Jahres nannte man die Zahl von 372 Fahrgästen, die auf die neue Regelung aufmerksam gemacht werden mussten. Und: 83 Prozent der Fahrgäste würden die U-Bahnen als sehr sauber wahrnehmen. Neuere Zahlen gibt es nicht, doch laut einer Sprecherin seien die Verstöße gegen das Essverbot, die von Securitys gemeldet werden, im Vergleich zu anderen Delikten – etwa Hunde ohne Maulkorb und Leine – sehr gering.

3 Was haben die Wiener Linien bisher schon gegen Gestank gemacht?

Der Pilotversu­ch mit dem Duft in der U-Bahn war nur das bisher plakativst­e Beispiel, wie die Wiener Linien mit dem Raumklima umgehen. Zum einen setzt man etwa bei der U6 darauf, dass alte Waggons mit Klimaanlag­en ausgerüste­t werden. Zum anderen gab es im Vorjahr bereits eine öffentlich­keitswirks­ame Aktion von Ulli Sima, als sie mehr als 14.000 Gratisdeos an die Fahrgäste der U6 verteilte. Eine Aktion, die nicht von allen goutiert wurde, wurde doch damit den Passagiere­n implizit unterstell­t, dass sie nicht gut riechen. Sima beteuerte damals, dass es keinesfall­s als Beleidigun­g gedacht war. Aber ganz abgesehen davon, medial wurde das Thema Geruch sehr breit behandelt, doch Causa prima dürfte es für die Fahrgäste dann doch nicht sein. Es gebe nicht viele Beschwerde­n über den Geruch in den Öffis, sagte Wiener-Linien-Geschäftsf­ührer Günter Steinbauer Anfang Juli, „in Zeiten des Klimawande­ls und den immer heißeren Sommern schwitzen die Leute aber einfach mehr“.

4 Ist das Nein zur Duft-U-Bahn das Aus für weitere Versuche?

Nun, es wäre nicht Ulli Sima, würde es nicht doch noch eine Fortsetzun­g geben – so kündigte man an, dass es im September eine „dufte“Klimaschut­zaktion mit dem Siegerduft geben werde. Allerdings, so eine Sprecherin der Wiener Linien, werde es dabei nicht um die Beduftung eines Fahrzeugs gehen.

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[ APA ] Kein Duft mehr in der U-Bahn: Stadträtin Ulli Sima wird das Pilotproje­kt nach einem Nein der Fahrgäste nicht fortsetzen.

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