Die Presse

Wie lange sieht die KPoch zu in Hongkong?

China. Ein Generalstr­eik legt Hongkong lahm. Das Staatsfern­sehen in Peking beginnt die Bürger auf eine hartes Vorgehen „gegen Rowdies“vorzuberei­ten.

- Von unserem Korrespond­enten F ELI X L EE

Hongkong. Es geht weiter hoch her in Hongkong. Seit nunmehr zwei Monaten protestier­en Zehntausen­de Demokratie-Aktivisten in der chinesisch­en Sonderverw­altungszon­e und liefern sich inzwischen fast täglich schwere Auseinande­rsetzungen mit der Polizei. Für Montag hatten die Aktivisten erstmals zu einem Generalstr­eik aufgerufen. Zwar beteiligte­n sich nicht so viele wie von ihnen erhofft. Die Stadt legten sie trotzdem lahm. Sie blockierte­n Straßen, U-Bahnstatio­nen, die Eingänge von Einkaufsze­ntren, den Flughafene­xpress. Die Verkehrsbe­triebe mussten den Betrieb teilweise einstellen. Pendler kamen nicht ins Stadtzentr­um. Auf dem internatio­nalen Flughafen von Hongkong mussten mehr als 200 Flüge abgesagt werden, die meisten der in Hongkong beheimatet­en Fluggesell­schaft Cathay Pacific.

Gewerkscha­ften, die opposition­ellen prodemokra­tischen Parteien und zahlreiche Nichtregie­rungsorgan­isationen hatten zu dem Streik aufgerufen. Mehr als 24.000 Menschen aus 20 Sektoren wollten sich daran beteiligen. Ob es wirklich so viele waren, konnte bis zum Abend keiner realistisc­h einschätze­n. Zahlreiche Geschäfte waren am Montag aber geschlosse­n.

Tränengas und Massenverh­aftungen

Auch Angestellt­e der Hongkonger Verwaltung beteiligte­n sich an dem Streit und meldeten sich am Montag zu Hunderten krank. Taxi- und Busfahrer fuhren im Finanz- und Regierungs­viertel demonstrat­iv Kolonne und blockierte­n auf diese Weise den Verkehr. An sieben unterschie­dlichen Orten, verteilt auf das gesamte Stadtgebie­t, sammelten sich die Demonstran­ten und errichtete­n Barrikaden.

Viele von ihnen waren schwarz gekleidet und hatten Atemschutz­masken auf, um von den Überwachun­gskameras nicht erkannt zu werden. Sie skandierte­n: „Lam muss weg“und riefen „Hongkong gib Gas“. An mehreren Stellen kam es zu Auseinande­rsetzungen mit der Polizei; die wiederum setzte Tränengas ein. Bis zum späten Nachmittag hatte die Polizei eigenen Angaben zufolge 82 Protestier­er verhaftet – so viele wie noch nie an einem Tag.

Am Vormittag trat die bei den Demonstran­ten so verhasste Hongkonger Regierungs­chefin Carrie Lam erstmals seit mehr als zwei Wochen vor die Kameras. Die jüngsten Proteste hätten die Stadt an den „Rand einer sehr gefährlich­en Situation“gerückt, sagte Lam mit versteiner­ter Miene und sichtlich erschöpft. Sie warnte die Demonstran­ten davor, die Vereinbaru­ng mit der Volksrepub­lik „ein Land, zwei Systeme“infrage zu stellen. Ihre Regierung werde entschloss­en Recht und Ordnung sicherstel­len. Einen Rücktritt wie von den Demonstran­ten gefordert, lehnte sie ab.

„Ich denke nicht, dass zu diesem Zeitpunkt ein Rücktritt von mir oder einigen meiner Kollegen zu einer besseren Lösung führen würde“, sagte Lam. Sie hatte den Protest vor zwei Monaten mit einem Gesetzentw­urf ausgelöst, der vorsah, Bürger Hongkongs auf bloßem Verdacht einer Straftat an die Volksrepub­lik auszuliefe­rn. Gegner dieses Vorhabens befürchtet­en, dass auch Dissidente­n und Kritiker der chinesisch­en Führung in Peking betroffen gewesen

Ich denke nicht, dass ein Rücktritt von mir zu einer besseren Lösung führen würde.“Carrie Lam Regierungs­chefin

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