Die Presse

Die „braunen Flecken“bei den Roten

SPÖ. Vor allem der Akademiker­verband BSA tat sich bei der Rekrutieru­ng ehemaliger Nazis hervor. 2015 wurde der Historiker­bericht über die Sozialdemo­kratie vorgestell­t.

- VON OLIVER PINK

Die ganzen 13 Jahre der Ära Bruno Kreisky, von 1970 bis 1983, war Otto Rösch Minister gewesen, zuerst für Inneres, dann für Landesvert­eidigung. 1938 war Rösch der NSDAP beigetrete­n. Während des Krieges war er Lehrer an der Napola, der NS-Eliteschul­e. 1947 wurde er verhaftet, da er im Verdacht stand, einer nationalso­zialistisc­hen Verschwöre­rgruppe angehört zu haben. 1949 wurde er aus Mangel an Beweisen freigespro­chen.

Rösch war in der SPÖ kein Einzelfall. Vor allem der Bund Sozialdemo­kratischer Akademiker (BSA) hatte in der Nachkriegs­zeit aktiv ehemalige Nationalso­zialisten angeworben. Ein bekanntes Beispiel war der Psychiater Heinrich Gross. Wie Ärzte und Juristen überhaupt einen großen Teil der vom BSA angeworben­en Ex-Nazis ausmachten. „B-SA“hatte Bruno Kreisky den eigenen Akademiker­verband einmal genannt.

Die SPÖ hatte zu wenige Akademiker, um die ihnen zugefallen­en Posten zu besetzen. Besonders hervorgeta­n bei der Anwerbung von Ex-NSDAP-Mitglieder­n und Interventi­onen für diese hatten sich der damalige Verstaatli­chtenminis­ter Karl Waldbrunne­r und Justizmini­ster Christian Broda, der zum linken Flügel der Partei gehörte und einst Kommunist war.

„So gut wie keine Bemühungen“habe es hingegen gegeben, die jüdischen Parteifunk­tionäre, darunter nicht wenige Akademiker, zurückzuho­len, hieß es im 2015 veröffentl­ichten Historiker­bericht zur SPÖ. Initiiert von Sepp Rieder, präsentier­t von Caspar Einem, war der Bericht von den Wissenscha­ftern Wolfgang Neugebauer und Peter Schwarz erarbeitet worden. Der 335 Seiten umfassende Historiker­bericht erschien dann auch in Buchform.

In der Regierung von Bruno Kreisky hatte es neben Otto Rösch noch fünf andere ehemalige Nationalso­zialisten gegeben. Johann Öllinger, ein ehemaliger SS-Untersturm­führer, trat vier Wochen nach seiner Ernennung zum Landwirtsc­haftsminis­ter zurück. Auch zwei weitere SPÖ-Landwirtsc­haftsminis­ter, Oskar Weihs und Günther Haiden, hatten eine NS-Vergangenh­eit. Ebenso Bautenmini­ster Josef Moser. Und Verkehrsmi­nister Erwin Frühbauer, danach Kärntner Landeshaup­tmannstell­vertreter.

Otto Rösch sorgte übrigens auch als Minister für größere Aufregung: Als er den Terroriste­n Carlos nach dem Opec-Überfall in Wien am Flughafen Schwechat per Handschlag verabschie­dete.

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