Die zinsenlose Welt kostet uns 160 Milliarden
Nullzinsen sorgen für eine gigantische Umverteilung.
H undertsechzig Milliarden Euro: So viel büßen Sparer in der Eurozone nach einer in der „Welt“veröffentlichten Studie der Deutschen Bank durch die Nullzinspolitik der EZB pro Jahr ein.
Jetzt kann man über die Exaktheit dieser Zahl natürlich trefflich streiten: Um die Verluste zu berechnen, muss man nämlich einen „natürlichen“Zinssatz annehmen. Dessen Definition bietet Ermessensspielraum. Der Studienautor setzt diesen Zinssatz bei der nominellen Wachstumsrate von drei Prozent an.
Aber egal, ob es jetzt 160, 140 oder 180 Milliarden Jahresverlust für die Sparer gibt: Hier findet gerade ein gigantischer Umverteilungsprozess statt. Von den Sparern zu den Kreditnehmern, von Ländern mit hoher Sparneigung wie etwa Österreich oder Deutschland zu solchen mit hoher Verschuldung, wie etwa jenen des „Club Med“. Es ist eine Art zusätzliche Steuer, ganz ohne Regierungs- und Parlamentsbeschluss, einfach so von der EZB verhängt.
Und sie verfehlt die beabsichtigte Wirkung völlig: Sie hat die Konsumneigung eher gebremst als gefördert, weil vorsorgebewusste Menschen für ihre zinsenlose private Vorsorge jetzt mehr zurücklegen müssen. Und sie hat die meisten Eurozonenregierungen nicht dazu gebracht, ihre Ausgabenstrukturen in Ordnung zu bringen. Weil das billige Geld offenbar wie eine Droge wirkt.
Das gilt übrigens auch für Österreich: Das mit Hängen und Würgen erreichte Nulldefizit wäre selbst bei kleinen Zinserhöhungen bald wieder Geschichte. W ir sind also in eine ausgesprochen kranke Finanzwelt hineingeschlittert, in der zumindest staatliche Kreditnehmer bezahlt werden müssen, damit sie das Geld überhaupt noch nehmen. Und wir beginnen langsam, die Auswüchse dieser kranken Welt zu spüren, wenn selbst Nullzinsen nicht mehr reichen, um die Wirtschaft ordentlich am Laufen zu halten. Das Schlimmste aber: Die Notenbanker haben kein Rezept für einen Ausstieg. Das wird uns noch sehr teuer zu stehen kommen.