Syrisches Militär kündigt Waffenruhe in Idlib auf
Deutschland. Markus Söder erfindet sich gerade neu. Ohne Unterlass trommelt der CSU-Chef das Klimathema.
Syriens Regierung hat die Waffenruhe für das letzte große Rebellengebiet rund um die Stadt Idlib aufgekündigt und neue Luftangriffe geflogen. Die von der Türkei unterstützten „Terrorgruppen“hätten die Waffenruhe abgelehnt und mehrfach Gebiete angegriffen, erklärte Syriens Armeeführung, wie das Staatsfernsehen am Montag meldete. Die Armee und die bewaffneten Kräfte würden deswegen ihre Kampfoperationen wieder aufnehmen.
Vor seiner Zeit als bayrischer Ministerpräsident hat Markus Söder den Fasching stets mit ausgefallenen Kostümen zelebriert. Einmal verkleidete er sich als das grüne Monster Shrek, das ziemlich furchteinflößend aussieht, aber einen sehr weichen Kern hat. Das Bild mit dem knallgrünen Söder kursiert jetzt wieder in den sozialen Netzwerken. Und der Boulevard witzelt dazu, Söder werde zum „GrünenSchreck“. Und tatsächlich stürzt sich der CSU-Chef in diesen Monaten mit ungeahnter Verve auf alle Themen, die mit Klima oder Umwelt zu tun haben.
Nun verkleidet sich Söder nicht nur gern. Er versteht sich auch auf den politischen Rollentausch. Im Sommer 2018 eskalierte der Flüchtlingsstreit zwischen den Schwesterparteien CDU und CSU. Der Konflikt klebt bis heute an Innenminister Horst Seehofer (CSU) und Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Aber es war Söder, der damals CSU-Parteifreund Seehofer vor sich hertrieb, indem er den Flüchtlingsstreit zum „Endspiel um die Glaubwürdigkeit“stilisierte.
Die Wandlung Söders vom konservativen Scharfmacher zum umweltbewussten Landesvater setzte zu den Bayern-Wahlen im Herbst 2018 ein. 190.000 Wähler verlor seine CSU an die Grünen. Die Öko-Partei war plötzlich zweitstärkste Kraft im Freistaat. Und Söder veränderte sich nun auch äußerlich. Er legte die Krawatte ab und trug Dreitagebart. Es mag Zufall sein, aber genauso tritt der grüne Shootingstar Robert Habeck auf. Später beseitigte das Volksbegehren „Rettet die Bienen“letzte Zweifel an der Durchschlagskraft ökologischer Themen. 1,75 Millionen Bayern haben es unterschrieben – Rekord. Söder reagierte. Den Text des Volksbegehrens ließ er „eins zu eins“in ein Gesetz gießen. Auch wenn das viele Bauern, also CSU-Kernklientel, verprellte. Dazu gab es Symbolpolitik: In den Hofgarten neben der Staatskanzlei ziehen auf Geheiß Söders Bienenvölker ein. Und Bayerns Klimakabinett tagt unter freiem Himmel, wo Söder für die Kameras posiert, wie er lässig an einem Baum lehnt.
Kaum eine Woche vergeht, ohne dass Söder eine neue Maßnahme zur Rettung von Klima und Umwelt verkündet. Ein kleiner Auszug: Söder will in Bayern die Zahl der Windräder verdoppeln, den Bau von Photovoltaikanlagen erleichtern und 30 Millionen Bäume pflanzen. Beamte sind angehalten, weniger zu fliegen und mehr elektrisch zu fahren. Im Jahr 2040 soll der Freistaat klimaneutral sein. Auch in der deutschlandweiten Debatte mischt Söder mit: Er drängt auf billigere Bahntickets durch den Wegfall der Mehrwertsteuer und einen Umbau der KfZ-Steuer. Rhetorisch trägt er dick auf: Der Klimawandel sei eine „Jahrhundertaufgabe“und deshalb brauche es nun auch einen „Jahrhundertvertrag“. Der Klimaschutz soll ins Grundgesetz, findet Söder.
„Grüne sind Besserwisser“
Und wer nun nicht mehr die CSU sondern die Grünen am Werk wähnt, dem sagt Söder, ehemals Umweltminister in Bayern, dass die Bewahrung der Schöpfung doch „urkonservativ“sei. Strategisch hat Söders Öko-Offensive den Vorteil, dass sie zu einer inhaltlichen Annäherung an den vielleicht nächsten Koalitionspartner, die Grünen, führt und ihnen zugleich Wähler abjagen könnte. Noch ist das nicht der Fall. Umfragen weisen die Grünen auf Augenhöhe mit der Union aus. Anders als die CSU fand die Schwesterpartei CDU in der Klimapolitik auch noch keine Linie. Vielleicht auch deshalb, weil die CDU im Herbst drei Landtagswahlen in Ostdeutschland auszufechten hat. Dort schürt eine allzu forsche Klimapolitik auch Ängste, dort liegen große Braunkohlereviere.
In Bayern gibt es keine Braunkohleförderung. Söder fordert nun, schon 2030 statt wie bisher geplant 2038 aus der Braunkohle auszusteigen. Die ostdeutschen Reviere will er dafür in „Sonderwirtschaftszonen“verwandeln. Söder macht sich also Gedanken über die Gebiete jenseits des Weißwurstäquators. Das ist zwar nicht ungewöhnlich. Er ist Chef der einzigen Regionalpartei, die deutschlandweit mitregiert. Aber es nährt Spekulationen, der 52-Jährige könnte eines Tages eine Kanzlerkandidatur erwägen – so wie seine großen CSU-Vorbilder Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber.
Denn während CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer glücklos agiert, gewinnt Söder an Popularität. Im ARDDeutschland kletterte er um 17 Punkte in der Beliebtheitsskala. Er überholte Grünen-Chef Habeck. Söder selbst bestreitet jegliche Ambitionen auf das Kanzleramt: „Ich habe meine Aufgabe in Bayern.“