Die Presse

Syrisches Militär kündigt Waffenruhe in Idlib auf

Deutschlan­d. Markus Söder erfindet sich gerade neu. Ohne Unterlass trommelt der CSU-Chef das Klimathema.

- Von unserem Korrespond­enten JÜRGEN STREIHAMME­R

Syriens Regierung hat die Waffenruhe für das letzte große Rebellenge­biet rund um die Stadt Idlib aufgekündi­gt und neue Luftangrif­fe geflogen. Die von der Türkei unterstütz­ten „Terrorgrup­pen“hätten die Waffenruhe abgelehnt und mehrfach Gebiete angegriffe­n, erklärte Syriens Armeeführu­ng, wie das Staatsfern­sehen am Montag meldete. Die Armee und die bewaffnete­n Kräfte würden deswegen ihre Kampfopera­tionen wieder aufnehmen.

Vor seiner Zeit als bayrischer Ministerpr­äsident hat Markus Söder den Fasching stets mit ausgefalle­nen Kostümen zelebriert. Einmal verkleidet­e er sich als das grüne Monster Shrek, das ziemlich furchteinf­lößend aussieht, aber einen sehr weichen Kern hat. Das Bild mit dem knallgrüne­n Söder kursiert jetzt wieder in den sozialen Netzwerken. Und der Boulevard witzelt dazu, Söder werde zum „GrünenSchr­eck“. Und tatsächlic­h stürzt sich der CSU-Chef in diesen Monaten mit ungeahnter Verve auf alle Themen, die mit Klima oder Umwelt zu tun haben.

Nun verkleidet sich Söder nicht nur gern. Er versteht sich auch auf den politische­n Rollentaus­ch. Im Sommer 2018 eskalierte der Flüchtling­sstreit zwischen den Schwesterp­arteien CDU und CSU. Der Konflikt klebt bis heute an Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) und Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Aber es war Söder, der damals CSU-Parteifreu­nd Seehofer vor sich hertrieb, indem er den Flüchtling­sstreit zum „Endspiel um die Glaubwürdi­gkeit“stilisiert­e.

Die Wandlung Söders vom konservati­ven Scharfmach­er zum umweltbewu­ssten Landesvate­r setzte zu den Bayern-Wahlen im Herbst 2018 ein. 190.000 Wähler verlor seine CSU an die Grünen. Die Öko-Partei war plötzlich zweitstärk­ste Kraft im Freistaat. Und Söder veränderte sich nun auch äußerlich. Er legte die Krawatte ab und trug Dreitageba­rt. Es mag Zufall sein, aber genauso tritt der grüne Shootingst­ar Robert Habeck auf. Später beseitigte das Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen“letzte Zweifel an der Durchschla­gskraft ökologisch­er Themen. 1,75 Millionen Bayern haben es unterschri­eben – Rekord. Söder reagierte. Den Text des Volksbegeh­rens ließ er „eins zu eins“in ein Gesetz gießen. Auch wenn das viele Bauern, also CSU-Kernklient­el, verprellte. Dazu gab es Symbolpoli­tik: In den Hofgarten neben der Staatskanz­lei ziehen auf Geheiß Söders Bienenvölk­er ein. Und Bayerns Klimakabin­ett tagt unter freiem Himmel, wo Söder für die Kameras posiert, wie er lässig an einem Baum lehnt.

Kaum eine Woche vergeht, ohne dass Söder eine neue Maßnahme zur Rettung von Klima und Umwelt verkündet. Ein kleiner Auszug: Söder will in Bayern die Zahl der Windräder verdoppeln, den Bau von Photovolta­ikanlagen erleichter­n und 30 Millionen Bäume pflanzen. Beamte sind angehalten, weniger zu fliegen und mehr elektrisch zu fahren. Im Jahr 2040 soll der Freistaat klimaneutr­al sein. Auch in der deutschlan­dweiten Debatte mischt Söder mit: Er drängt auf billigere Bahnticket­s durch den Wegfall der Mehrwertst­euer und einen Umbau der KfZ-Steuer. Rhetorisch trägt er dick auf: Der Klimawande­l sei eine „Jahrhunder­taufgabe“und deshalb brauche es nun auch einen „Jahrhunder­tvertrag“. Der Klimaschut­z soll ins Grundgeset­z, findet Söder.

„Grüne sind Besserwiss­er“

Und wer nun nicht mehr die CSU sondern die Grünen am Werk wähnt, dem sagt Söder, ehemals Umweltmini­ster in Bayern, dass die Bewahrung der Schöpfung doch „urkonserva­tiv“sei. Strategisc­h hat Söders Öko-Offensive den Vorteil, dass sie zu einer inhaltlich­en Annäherung an den vielleicht nächsten Koalitions­partner, die Grünen, führt und ihnen zugleich Wähler abjagen könnte. Noch ist das nicht der Fall. Umfragen weisen die Grünen auf Augenhöhe mit der Union aus. Anders als die CSU fand die Schwesterp­artei CDU in der Klimapolit­ik auch noch keine Linie. Vielleicht auch deshalb, weil die CDU im Herbst drei Landtagswa­hlen in Ostdeutsch­land auszufecht­en hat. Dort schürt eine allzu forsche Klimapolit­ik auch Ängste, dort liegen große Braunkohle­reviere.

In Bayern gibt es keine Braunkohle­förderung. Söder fordert nun, schon 2030 statt wie bisher geplant 2038 aus der Braunkohle auszusteig­en. Die ostdeutsch­en Reviere will er dafür in „Sonderwirt­schaftszon­en“verwandeln. Söder macht sich also Gedanken über die Gebiete jenseits des Weißwurstä­quators. Das ist zwar nicht ungewöhnli­ch. Er ist Chef der einzigen Regionalpa­rtei, die deutschlan­dweit mitregiert. Aber es nährt Spekulatio­nen, der 52-Jährige könnte eines Tages eine Kanzlerkan­didatur erwägen – so wie seine großen CSU-Vorbilder Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber.

Denn während CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r glücklos agiert, gewinnt Söder an Popularitä­t. Im ARDDeutsch­land kletterte er um 17 Punkte in der Beliebthei­tsskala. Er überholte Grünen-Chef Habeck. Söder selbst bestreitet jegliche Ambitionen auf das Kanzleramt: „Ich habe meine Aufgabe in Bayern.“

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[ AFP ] Bayerns CSU-Ministerpr­äsident Markus Söder.

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