Die Presse

Freihandel auf gut österreich­isch

Agrarier exportiere­n gern, halten Importe aber für Teufelszeu­g.

- Josef.urschitz@diepresse.com

W irklich ein Skandal“, murmle ich vor mich hin: Jetzt können die USA 10.000 Tonnen Rindfleisc­h zollbegüns­tigt in die EU liefern, und bald werden es 35.000 Tonnen sein. Was soll aus unseren Bauern werden?

Ja, sagt mein Milchmädch­en – Sie kennen es schon, es ist ein bisschen naiv, kann aber verdammt gut rechnen –, das sind ja an die zwei Deka pro EU-Bürger und Jahr. Und wenn der Mercosur-Pakt in Kraft tritt, dann werden fast 20 Deka Rindfleisc­h, also ein recht sattes Steak pro Bürger und Jahr, aus Amerika in die EU kommen. Zwar nicht zusätzlich, sondern, wegen der Zollbegüns­tigung, nur ein bisschen billiger. Aber wer soll denn das aushalten? Der ProKopf-Verbrauch von Rindfleisc­h liegt in Österreich übrigens bei 11,3 Kilo im Jahr. Kein Wunder, dass Lobbyisten da wegen ein paar Deka Sturm laufen. Womit

wir bei einem höchst interessan­ten Phänomen angelangt sind: Dem Verhältnis des Österreich­ers zum Außenhande­l. Wir sind ja eine Parade-Exportnati­on: Mehr als jeder zweite BIP-Euro stammt aus dem Geschäft mit dem Ausland. Auch unsere Agrarier sind zu Recht stolz auf ihre Erfolge auf Auslandsmä­rkten. Österreich produziert beispielsw­eise viel mehr Rindfleisc­h, als im Land benötigt wird. Der Export von Rindfleisc­h (einschließ­lich Lebendrind­er) übertrifft den Import fast um die Hälfte.

Den umgekehrte­n Weg haben wir aber nicht so gern. Ist ja auch klar: Während bei uns bekanntlic­h ausschließ­lich glückliche Biorinder stressfrei geschlacht­et werden, kommt aus dem Ausland doch für gewöhnlich nur industriel­l erzeugtes Gammelflei­sch.

Ach ja, der Umwelteffe­kt beim schädliche­n Transport, der für Importe nun einmal nötig ist: Der ist bei heimischen Exporten natürlich nicht der Rede wert. Deshalb ist es auch völlig klar, dass die rasch wachsenden Lebensmitt­elexporte nach China und in die USA eine tolle Sache sind, Importe von wegen Qualität und Umwelt aber eigentlich nicht infrage kommen. Freihandel auf österreich­isch eben.

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