Tiroler Widerstand: Wo das Match der Bünde weitergeht
Nationalrat. Der Arbeitnehmerbund in Tirol will den ÖVP-Wahlkampf boykottieren. Er fühlt sich übergangen.
Das Team Kurz ist im Nationalratswahlkampf wieder auf Stimmenfang in ganz Österreich. Dabei identifiziert sich so manche Landes-ÖVP immer noch lieber mit der schwarzen Partei als mit der türkisen Sebastian-Kurz-Bewegung. In Tirol scheint die Volkspartei nicht einmal ein Team sein zu wollen. Hier sind neuerlich Kämpfe zwischen den Bünden ausgebrochen. Der Arbeitnehmerflügel hat sogar zum Boykott des Wahlkampfs aufgerufen.
Seinen Ausgang hat der Disput in der Tiroler Volkspartei bei der Erstellung der Listen für die Nationalratswahl am 29. September genommen. Der Tiroler Arbeitnehmerbund hätte gern Erika Landers im Nationalrat gesehen. Doch sie verlor die Kampfabstimmung um das zweite Grundmandat im Regionalwahlkreis InnsbruckLand. Statt der Arbeitnehmervertreterin kam die Wirtschaftsbündlerin und Nationalrätin Rebecca Kirchbaumer zum Zug.
Damit war das Maß voll. „Ich bin enttäuscht und empört“, sagte Beate Palfrader, die Landesobfrau des Arbeitnehmerbunds, damals und vermutete Interventionen der Bundespartei dahinter. Immerhin hat sich Sebastian Kurz bei seiner Parteiübernahme mehr Durchgriffsrechte in den Ländern gesichert und wollte so die Macht der Bünde zurückdrängen. Die Partei benötige die Arbeitnehmer offenbar nicht mehr, beklagte die Landesrätin, die zu Günther Platters Regierungsteam zählt, und kündigte an, mit ihrer Teilorganisation nicht wahlkämpfen zu wollen.
„Rote Linie überschritten“
Die Situation erinnert an 2017. Da zogen drei „AABlerinnen“ihre Kandidatur wegen der Kandidatenreihung zurück. Die frühere Stabhochspringerin Kira Grünberg wurde damals auf Platz eins der Tiroler Landesliste gesetzt. Heute steht sie auf der Bundesliste und wird wieder in den Nationalrat einziehen. Auch der Unmut darüber schient noch nicht verraucht.
Ganz allein ist Palfrader mit ihrem Widerstand nicht. Dem Boykottaufruf schloss sich auch der gewohnt kritische schwarze Arbeiterkammerpräsident Erwin Zangerl an. Für ihn sei damit „eine rote Linie überschritten“worden, sagte er in der „Tiroler Tageszeitung“. Bereits vor Monaten hat er die „arbeitnehmerfeindliche Politik der türkis-blauen Regierung“kritisiert. Die Partei sei der Wirtschaft näher als den Arbeitnehmern und fühle sich dem finanzkräftigen Wirtschaftsbund mehr als dem AAB verpflichtet. Neuerlich wolle die Bundespartei auf das Team, das in den vergangenen beiden Jahren im Parlament saß, setzen. Dabei hätten sich diese Personen „durch perfektes Handaufheben und unreflektiertes Agieren ausgezeichnet“, so Zangerl. Der seine Partei aufforderte, wieder „in die Mitte zurückzukehren“.
Ein schlechtes Wahlergebnis fürchtet angesichts dieses Widerstands aber offenbar niemand in der Partei. „Natürlich erfreut mich das nicht, und es hilft auch nicht“, sagt der Tiroler ÖVP-Landesgeschäftsführer Martin Malaun zur „Presse“. Er glaube dennoch an ein gutes Ergebnis. Palfrader werde es nicht schaffen, alle schwarzen Arbeitnehmervertreter zum Boykott zu bewegen, ist er sich sicher. In Wien wiederum beruhigt man sich hinter vorgehaltener Hand mit der Erzählung von der abnehmenden Bedeutung des Tiroler AAB. Dieser sei strukturschwach, habe derzeit nicht mal eine funktionierende Internetseite und mobilisiere ohnehin weniger Wähler als etwa der Bauernbund.
Es knirscht aber auch zwischen Wirtschafts- und Bauernbund. Im Unterland hat ein Wirtschaftsbund-Kandidat übermächtige Konkurrenz eines Bauernbündlers bekommen und seine Kandidatur zurückgezogen. Auch das sorgte für Verstimmung. Das Match zwischen den Bünden ist in der ÖVP nichts Neues. In Tirol war es seit jeher noch stärker ausgeprägt. Das ließ sich auch an den vielen ÖVP-Abspaltungen, die es auf Stadt-, Gemeinde- und Landesebene in der Geschichte gegeben hat, ablesen. Die Differenzen lassen sich nicht türkis überpinseln.
Dornauer: Eigenes Bild statt roter Rose
Innerparteiliche Auseinandersetzungen kennt man in Tirol aber nicht nur in der ÖVP. Damit hat auch die SPÖ zu kämpfen. Dort sorgt die Umgestaltung der Außenfassade der SPÖ-Zentrale für Diskussionen. Landesparteichef Georg Dornauer hat das dort seit Jahren angebrachte SPÖ-Symbol, eine rote Rose, mit seinem eigenen Konterfei überkleben lassen. Das kam intern gar nicht gut an. Es wurde öffentlich die Entfernung seines Bilds gefordert. Teamarbeit sieht auch hier anders aus.