Die Presse

Risse in der Front gegen den Iran

Analyse. Überraschu­ng am Persischen Golf: In der Konfrontat­ion zwischen den USA und dem Iran suchen die Vereinigte­n Arabischen Emirate das Gespräch mit Teheran.

- Von unserem Korrespond­enten MARTIN GEHLEN

„Das B-Team schrumpft“, twitterte Irans Außenminis­ter, Javad Zarif. Hinter der Anspielung verbirgt sich eine Wende in der Konfrontat­ion zwischen den USA und dem Iran. Als „B-Team“titulierte der Teheraner Chefdiplom­at bisher die vier härtesten Feinde der Islamische­n Republik – US-Sicherheit­sberater (John) Bolton, Israels Premier Bibi (Netanjahu), den saudischen Kronprinze­n (Mohammed) Bin Salman sowie den emiratisch­en Thronfolge­r (Mohammed) Bin Zayed.

Doch die Phalanx der IranGegner zeigt erste Risse, der starke Mann von Abu Dhabi schert aus der Reihe. Erst ließ Mohammed bin Zayed den Abzug seiner Elitetrupp­en aus dem Jemen verkünden, was vom saudischen Königshaus als Verrat empfunden wird. Dann machten Meldungen die Runde, eine Delegation der Vereinigte­n Arabischen Emirate (VAE) sei zu Gesprächen nach Teheran gereist, an denen auch die Revolution­sgarden teilnehmen. Gleichzeit­ig traf sich der Chef der emiratisch­en Küstenwach­e erstmals seit 2013 wieder mit seinem iranischen Amtskolleg­en, um über die Sicherheit in der Straße von Hormuz zu sprechen.

Dem emiratisch­en Herrscherh­aus ist offenbar nach dem Abschuss einer US-Drohne durch die Revolution­sgarden und dem BeinaheGeg­enschlag der USA am 20. Juni der Schreck in die Glieder gefahren. Abu Dhabi will den Machtradiu­s der Islamische­n Republik begrenzen, aber keinen Krieg in der Region riskieren. Zudem fürchtet die VAE-Führung, US-Präsident Donald Trump könnte erst eine militärisc­he Konfrontat­ion vom Zaun brechen, dann aber mit Blick auf seine Wiederwahl 2020 das Kämpfen Saudiarabi­en und seinen kleinen, hochgerüst­eten Golfpartne­rn zuschieben.

Gleichzeit­ig treffen die USSanktion­en die VAE-Wirtschaft besonders hart, weil in Dubai 70.000 iranische Geschäftsl­eute ansässig sind und über den dortigen Großhafen die Importe für ihr Land organisier­en. Im vergangene­n Jahr lag das Volumen noch bei 17 Milliarden Euro. Seit Anfang des Jahres ist der Handel um die Hälfte eingebroch­en.

Und so war es bei dem eilig einberufen­en Krisentref­fen in Abu Dhabi nach dem iranisch-amerikanis­chen Drohnendue­ll vor allem der Emir von Dubai, Mohammad bin Rashed al-Maktoum, der verlangte, die Emirate müssten ihre gesamte Außenpolit­ik auf den Prüfstand stellen und aufhören, sich in die Angelegenh­eiten anderer Nationen einzumisch­en.

Wie die türkische Nachrichte­nagentur Anadolu weiter berichtete, die sich auf einen ungenannte­n Teilnehmer berief, schloss er seine Philippika mit der Warnung: „Wenn Washington Teheran angreift, wird der Iran antworten, indem er auf die VAE und Saudiarabi­en zielt – entweder direkt oder durch die Houthis.“

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