Der Blitzstart des Kyriakos Mitsotakis
Griechenland. Die neue konservative Regierung hat schon in den ersten 30 Tagen wichtige Vorhaben umgesetzt. Doch Gläubiger fürchten, dass sie ihre Budgetversprechen vergessen wird.
Vier lange Jahre musste der griechische Konservative Kyriakos Mitsotakis auf den Oppositionsbänken ausharren. Nun, einen Monat nach dem Sieg seiner Nea Dimokratia bei den griechischen Parlamentswahlen zeigt sich, dass der neue Ministerpräsident die Zeit in Wartestellung gut genutzt hat. Seine Regierung hat einen regelrechten Blitzstart hingelegt.
Eine Woche nach der Wahl vom 7. Juli zeigte sie mit der Auflage einer siebenjährigen Staatsanleihe, dass das Land billigen Zugang zu den Finanzmärkten hat. Ende des Monats signalisierte sie mit einer Senkung der Immobiliensteuer und Zahlungserleichterungen für säumige Steuerzahler, dass sie ein Herz für den kleinen Mann hat.
Nun, im August, wenn sich Minister normalerweise auf Badeund Erholungsurlaub verabschieden, beschloss die Regierung Mitsotakis ein Gesetz, das sich mit der Rolle der Regierung als „Generalstab“für die Verwaltung beschäftigt. Von der Opposition gab es viel Schelte an der neuen Präsidialbehörde beim Ministerpräsidenten, die Planvorgaben für die Ministerien erstellen und diese evaluieren soll. Da entstünden Machtzentren abseits der gewählten Regierung, lautet der Tenor der Kritik.
Der Premier in allen Gassen
Für Mitsotakis freilich, der in der Privatwirtschaft gearbeitet hat, ist sie ein notwendiges Kontrollinstrument. Im Gesetz finden sich auch innovative Ansätze, etwa das Unterschriftsrecht von Generaldirektoren in ihren Themenbereichen. Das ist wichtig im viel zu zentralistischen griechischen Staatsapparat, in dem praktisch alles von der Spitze entschieden werden muss.
Präsent ist der jugendliche Premierminister vor allem auch in den sozialen und anderen Medien – ob eine Wortmeldung zu Wartezeiten der Bürger auf die städtischen Busse, ein Reihentanz auf Karpathos oder ein Besuch der Einsatzzentrale der Feuerwehr: Überall gibt es ein Gesichtsbad und eine Wortmeldung des Premiers. Wobei er und seine Minister mitunter ein wenig über das Ziel hinausschießen.
Als etwa am 19. Juli ein Erdbeben der Stärke von 5,1 auf der Richterskala die Hauptstadt Athen ordentlich durchschüttelte, aber sonst kaum Schäden anrichtete, da musste man aus der Reaktion der Regierung den Eindruck gewinnen, dass die Behörden gerade eine schwere humanitäre Katastrophe gemeistert hätten.
Vorschusslorbeeren gibt es auch aus der Wirtschaft. Steuersenkungen und eine investitionsfreundliche Politik seien die richtigen Signale an Investoren, urteilte beispielsweise dieser Tage die Ratingagentur Fitch, ohne jedoch die Bewertung Griechenlands vorerst weiter anzuheben. Auch vonseiten der Gläubiger gibt es zwar Lob für die „wachstumsorientierte“Politik, es werden aber auch Zweifel angemeldet, ob die geplanten Steuersenkungen der Regierung „nachhaltiges“Wachstum zur Folge haben – und vor allem, ob die Budgetvorgaben des hoch verschuldeten Landes halten werden.
Akzentlose Außenpolitik
Aus dieser Perspektive muss die junge Regierung Mitsotakis in den ersten sechs Monaten eine besondere Wette einhalten: Sie muss zeigen, dass unter ihr der vereinbarte primäre Budgetüberschuss – also das Budgetplus ohne Zinsendienst – von 3,5 Prozent eingehalten wird. Für 2020 hat Klaus Regling vom Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) bereits ernste Zweifel angemeldet. Aber auch der Haushalt 2019 dürfte bei der ersten Überprüfung der neuen Regierung durch die Gläubiger Anfang September diskutiert werden.
Wenige neue Akzente hat Kyriakos Mitsotakis bisher in der griechischen Außenpolitik gesetzt. Zum Reizthema des vergangenen Jahres – der Beilegung des Namensstreits zwischen Griechenland und Nordmazedonien durch das Abkommen von Prespa, gegen das Mitsotakis als Oppositionschef getrommelt hat – hat er bisher nicht viel zu sagen gehabt. Auch zum heiklen Verhältnis zu dem schwierigen Nachbarn Türkei, das durch den Streit um die Erdgasvorkommen vor Zypern noch komplizierter wird, konnte man bisher nichts Neues hören.
In der Flüchtlingsfrage gab es immerhin die Absichtserklärung, dass man im Rahmen des Abkommens zwischen der EU und der Türkei verstärkt Gewicht auf die Rückschaffung von illegal über die Grenze gekommenen Wirtschaftsmigranten legen wird.
Fazit: Die Regierung Mitsotakis hat einen schnellen Start geschafft. Ob sie aber auch gute Ergebnisse erreicht, muss sie erst beweisen.