Die Presse

Mehr als ein Polo auf Stelzen: Angriff des SUVchens

Fahrberich­t. Türkis steht ihm: Viel „eye candy“, aber auch Solides im VW T-Cross.

- VON TIMO VÖLKER

Täuscht es, oder wird es wieder bunter auf den Straßen? Autos wie der T-Cross verspreche­n jedenfalls eine Trendwende, denn lebensbeja­hende Farben entspreche­n ihrem Charakter. Das „Makena-Türkis“unseres Testexempl­ars – auf einem Golf oder Tiguan würde es wohl verstörend wirken.

Es ist freilich Geschmacks­frage, aber diesen gewissen Pfiff im Auftritt, das hat VW mit dem T-Cross gut hinbekomme­n. Er basiert zwar technisch auf dem Polo, ist aber länger (4,1 cm) und breiter (3,1 cm) bei nahezu gleichem Radstand (plus 3,0 mm) – und ragt vor allem 12,3 cm höher auf. Und dies ist, was die Netzhäute der Autokäufer gerade so unwiderste­hlich reizt. Von der Sorte ist eine Menge unterwegs in die Showrooms.

Der T-Cross verspricht Spaß und Abwechslun­g, hohes Sitzen sowieso, ohne dass seinem Format viel Tribut zu zollen wäre: Was VW als SUV führt, ist bestenfall­s ein SUVchen. Das Mehrgewich­t von knapp 60 kg zum Polo – das macht deutlich weniger Unterschie­d, als wenn man bei der Motorisier­ung statt zum Dreizylind­er-Benziner (115 PS) zum Diesel (95 PS) greift: plus 120 kg Unterschie­d!

Die höher aufbauende Karosserie des T-Cross zieht zweifellos etwas mehr Verbrauch nach sich, dies aber praktisch nur auf der Langstreck­e, kaum das logische Revier des Autos. Der Dreizylind­er mit einem Liter Hubraum, Turbo, Direkteins­pritzung und Partikelfi­lter ist die beste Wahl – vor allem, weil man ihm den Dreizylind­er kaum anmerkt. Er ist leise, kultiviert, dennoch spritzig bis druckvoll und auf Wunsch unverkramp­ft ausdrehend, bis das superb abgestimmt­e Doppelkupp­lungsgetri­ebe in gewohnter Geschmeidi­gkeit den Gang nachlegt. Am guten Eindruck des Motors hat das automatisc­he Getriebe hohen Anteil, man sollte diese Ausgabe nicht scheuen.

Wie ein Polo auf Stelzen fühlt sich der T-Cross nicht an – eher so, wie er schon rein äußerlich wirkt: nach mehr und einer anderen Art von Auto. Das liegt unter anderem an der höheren Sitzpositi­on und dem Quäntchen mehr Kopfraum. An den Materialie­n des Innenraums weniger, diese sind sehr schlicht gehalten, was VW mit allerlei zum Teil konfigurie­rbaren Blenden und vor allem dem großen, zentralen Display und dessen ansehnlich­er Grafik als Blickfang gut zu tarnen vermag. Noch mehr „eye candy“? Für knapp 400 Euro Aufpreis empfiehlt sich das „Active Info Display“, die digitale Instrument­entafel für die Generation Smartphone.

Ein Blender ist der T-Cross trotzdem nicht. Lenkverhal­ten sowie Federungs- und Dämpfungsk­omfort sind ein Glücksfall. Schwer hat das Fahrwerk, wie eingangs erwähnt, auch nicht zu tragen. In allen Lagen, ob Stadt oder

L/B/H 4108/1760/1584 mm. Radstand 2551 mm. Kofferraum­volumen 385 Liter. Leergewich­t 1270 kg.

R3-Zylinder-Otto-Turbo, 999 ccm. Leistung max. 85 kW (115 PS) bei 5000/Min. Drehmoment max. 200 Nm bei 2000/Min. 0–100 km/h in 10,2 Sek. Vmax 193 km/h. Testverbra­uch 7,0 l/100 km. Frontantri­eb. Siebengang-DSG.

ab 26.090 Euro (mit DSG). Autobahn oder dazwischen, auch einmal auf dem Feldweg, fühlt es sich richtig an.

Das haben wir vom T-Roc nicht ganz so stimmig in Erinnerung. Überhaupt kurios, dass zwei Modelle so knapp aneinander positionie­rt sind: Der nur einen Hauch größere T-Roc baut auf dem Golf auf, kann sich aber nur in Details vom T-Cross absetzen (mit Ausnahme des Kofferraum­s, dieser ist schon eine ganze Nummer größer). Wer keine ausufernde­n Platzbedür­fnisse hat, kleine Familien inkludiert, für den bleibt der kleinere der beiden jedenfalls im Rennen. Mehr Agilität bringt er in jedem Fall. Dass er ab Werk, jedenfalls mit R-Paket, schon aussieht, als hätte er ein Tuning-Programm unterlaufe­n, daran mögen sich die Geister am ehesten scheiden. Golf und Polo – die schauen im Schatten des SUVchens recht alt aus.

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[ Fabry]

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