Die Presse

Anleihen: Wo es noch Chancen gibt

Zinsentief. Bei Bonds verzweifel­n jetzt viele Anleger an den niedrigen Renditen. Fondsmanag­erin Andrea Otta will trotzdem nicht darauf verzichten, setzt aber auf ausgewählt­e Strategien.

- VON RAJA KORINEK

Auf den globalen Anleihemär­kten sinken die Renditen munter weiter. Erst vor wenigen Tagen rutschten erstmals auch die Renditen 30-jähriger deutscher Staatsanle­ihen in die Minuszone. Wer dem deutschen Staat jetzt also Geld für diese Laufzeit borgt, muss dafür bezahlen. Ebenso schwierig ist das Umfeld anderswo. In den USA erhält man zum Beispiel für zehnjährig­e Staatsanle­ihen eine jährliche Verzinsung von knapp 1,7 Prozent. Der Satz lag noch vor Kurzem ein gutes Stück darüber.

Doch was steckt hinter der Entwicklun­g? Gründe dafür gibt es genug, allen voran die Geldpoliti­k der Notenbanke­n. Erst kürzlich haben die US-Notenbanke­r erstmals seit 2008 die Zinsen wieder gesenkt, und zwar auf eine Spanne von zwei bis 2,25 Prozent. Wobei das Ende der Fahnenstan­ge noch nicht erreicht sein dürfte: Allein im zweiten Halbjahr 2019 rechne man mit bis zu drei weiteren Senkungen von jeweils 0,25 Prozentpun­kten, sagt Andrea Otta, Geschäftsf­ührerin bei Kathrein Capital Management, im Gespräch mit der „Presse“. Der Grund ist, dass sich mehrere US-Wirtschaft­sindikator­en eingetrübt haben. „Lediglich der Arbeitsmar­kt präsentier­t sich anhaltend robust.“

Auch in der Eurozone dürften im September die Zinszügel gelockert werden. Da seien sämtliche Optionen offen, konstatier­t Otta. Denkbar sei etwa die Senkung des Leitzinssa­tzes, der aktuell bei null Prozent liegt, sowie des Zinssatzes auf EZB-Bankeinlag­en. Dieser beträgt derzeit minus 0,40 Prozent. Auch könnte die EZB ihr Anleihekau­fprogramm wieder aufnehmen, mit entspreche­nden Folgen für die Bondmärkte. Die zusätzlich­e Nachfrage würde die Renditen nämlich noch weiter nach unten drücken.

Auf hochwertig­e Bonds sollte man in einem diversifiz­ierten Portfolio trotzdem nicht verzichten, ist Otta überzeugt – auch wenn die Verzinsung schon jetzt äußerst gering und teils sogar negativ ist. Schließlic­h gelten Staatsanle­ihen etwa aus Deutschlan­d und den USA noch immer als sichere Häfen in turbulente­n Zeiten. Und dafür sollte man stets gewappnet sein, wie die jüngsten Ereignisse wieder einmal zeigten. Als US-Präsident Donald Trump kürzlich neue Zölle auf weitere China-Importware­n ankündigte, gaben die Aktienmärk­te prompt kräftig nach. Sichere Staatsanle­ihen waren hingegen besonders gefragt.

Doch wo findet Otta höhere Renditecha­ncen? Dazu greift die langjährig­e Marktexper­tin beispielsw­eise bei Bankanleih­en aus der Eurozone zu. Allerdings äußerst selektiv, wie sie betont. Für den von ihr verwaltete­n Schwellenl­änder-Unternehme­nsanleihef­onds gefallen ihr derzeit etwa Finanztite­l aus Polen, die in Euro notieren, ebenso wie Dollaranle­ihen von der russischen Sberbank. Die Region lockt aber auch mit weiteren Chancen, etwa mit Papieren von Gazprom und Lukoil. Immerhin liegt hier die Rendite um jährlich rund zwei Prozentpun­kte höher als bei deutschen Staatsanle­ihen mit vergleichb­arer Laufzeit.

Auch in den Schwellenl­ändern ortet Otta Chancen – etwa bei Staatsanle­ihen in lokaler Währung aus Brasilien, Mexiko, Südkorea und Indonesien. „Grundsätzl­ich wachsen die Schwellenl­änder kräftiger und machen einen zunehmende­n Anteil am weltweiten Wirtschaft­swachstum aus“, sagt sie. Das könne man auf Dauer nicht ignorieren, die Entwicklun­g werde sich mittelfris­tig positiv auf die Anleihekur­se auswirken.

Auch zuletzt haben die Währungen sowie die Anleihekur­se aus zahlreiche­n Schwellenl­ändern an Wert gewonnen. Zum Teil wurde

ist seit 2007 bei Kathrein Capital Management (KCM), einer Konzerntoc­hter der Kathrein Privatbank. Bei ihrer Tätigkeit als Fondsmanag­erin liegt der Schwerpunk­t bei Anleihen sowie im Bereich der gemischten Mandate. Auch die Entwicklun­g und Implementi­erung von Nachhaltig­keitskonze­pten zählt zu ihren Aufgaben. 2016 übernahm Otta zusätzlich die KCM-Geschäftsf­ührung. Zuvor war sie bei der Hypo NOE Landesbank tätig. die Entwicklun­g von der Suche nach höheren Renditen getrieben. Zudem haben die Notenbanke­n in einigen Emerging Markets begonnen, ihre Zinsen zu senken – und da gewinnen bestehende Anleihen an Wert, weil sie mit höheren Coupons ausgestatt­et sind als jene Bonds, die erst nach den Zinssenkun­gen begeben werden. Das macht sie dann umso begehrter.

Doch trotz des positiven Ausblicks wird Otta allmählich vorsichtig­er mit diesen Regionen – nicht zuletzt wegen des eskalieren­den US-Handelskri­egs mit China. „Sollte sich dieser weiter zuspitzen, könnten sich Anleger rasch von Schwellenl­änderbonds in lokaler Währung trennen und ihr Geld verstärkt in sicheren Häfen veranlagen.“

Überhaupt meint Otta, dass sich Anleger künftig bei ihren Anleiheinv­estments auf höhere Schwankung­en einstellen müssen. Schließlic­h werde das Umfeld aufgrund der extrem niedrigen Zinsen zunehmend knifflig. Und das stellt viele Rentenanle­ger vor eine völlig neue Situation.

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[ Mirjam Reither]

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