Die Presse

Warum sieht man Satelliten am Himmel?

Die vom Menschen ins All geschossen­en Begleiter wandern wie langsame Sternschnu­ppen über das Firmament, obwohl es finstere Nacht ist.

- VON WOLFGANG DÄUBLE Was wollten Sie schon immer wissen? Senden Sie Fragen an: wissen@diepresse.com

Forschungs­frage: Woher nachts das Licht kommt, das Satelliten sichtbar macht.

Meist braucht es eine Weile, bis sich das Auge an das schwache Licht der Sterne gewöhnt hat. Starrt man aber lang genug in den Nachthimme­l, und befindet man sich nicht gerade in einer Großstadt mit ausufernde­r Lichtversc­hmutzung, kann man meist beobachten, wie sich eines der eben noch für einen Stern gehaltenen Lichter bewegt – für eine Sternschnu­ppe viel zu langsam, ein Flugzeug würde blinken. Man hat einen der 1957 Satelliten erspäht, die im All um die Erde kreisen. Mit etwas Glück ist das beobachtet­e Leuchtobje­kt sogar heller als die Venus, dann handelt es sich um die internatio­nale Raumstatio­n ISS.

Doch woher stammt das Leuchten, haben die künstliche­n Himmelskör­per etwa Lampen an Bord, um wie

Flugzeuge auf sich aufmerksam zu machen? „Mir sind keine Satelliten bekannt, die Lichter haben, die auf die Erde gerichtet wären, um beobachtba­r zu sein“, sagt der Astrophysi­ker Werner Weiss von der Universitä­t Wien. „Deren Lichtkegel müsste auch viele Grade ausmachen – wäre er so klein wie beispielsw­eise bei einer Taschenlam­pe, dann würde der Satellit an einem gegebenen Beobachtun­gsort nur kurz aufleuchte­n und gleich wieder verschwind­en.“

Auf die Höhe kommt es an

Eine Beleuchtun­gsanlage, die derart hell auf die Erde hinunterst­rahlt, ohne einen anderen Zweck zu erfüllen, würde sich in der Raumfahrt, in der es auf jedes Gramm ankommt, wohl auch kaum rentieren. Der Grund, dass wir Satelliten sehen können, ist ein anderer, sehr simpler, erklärt Weiss: „Satelliten sind am Nachthimme­l sichtbar, weil sie von der Sonne beschienen werden und ihre Außenhaut Licht sehr gut reflektier­t.“

Woher aber kommt das Sonnenlich­t? Wenn es Nacht wird, befindet man sich schließlic­h auf der Seite der Erde, die sich von der Sonne wegdreht. Sieht man hinauf, blickt man in ihren Schatten, also dürfte dort eigentlich nichts von der Sonne angestrahl­t werden – außer, das Objekt ist weit genug von der Erde entfernt: „Ein Beobachter eines Sonnenunte­rgangs auf der Spitze des Eiffelturm­s sieht noch ein winziges Stück Sonne, während für einen Beobachter am SeineUfer die Sonne gerade untergegan­gen ist“, so Weiss. „Nun fliegen Satelliten nicht etwa 150 Meter über dem Erdboden sondern mehrere 100 Kilometer. Das heißt, für einen Beobachter auf dem Erdboden ist die Sonne schon untergegan­gen, aber noch lang nicht für den hoch fliegenden Satelliten – dieser reflektier­t noch Sonnenlich­t.“Satelliten können daher auch nicht die ganze Nacht beobachtet werden, sondern nur in den ersten Stunden nach Sonnenunte­rgang sowie in den letzten dunklen Stunden vor ihrem Aufgang. Weiss: „Geht die Sonne für einen Satelliten am Erdhorizon­t ganz unter, dann fliegt der Satellit im Kernschatt­en, hat daher auch kein Sonnenlich­t mehr, um es zu reflektier­en – er wird unbeobacht­bar.“

Hier spielt die schier unvorstell­bare Größe der Sonne eine Rolle: Sie bestrahlt die Erde nicht von einem Punkt aus, sondern von einer Lichtschei­be, die mit einem Durchmesse­r von über 1,3 Millionen Kilometern mehr als hundert Mal größer ist als der Erddurchme­sser. Daher bildet der Schatten, den die Erde wirft, einen Kegel, der immer enger wird, je weiter man von dem Planeten entfernt ist: den sogenannte­n Kernschatt­en. [ Privat ]

„Um sie mit freiem Auge zu sehen, müssen Satelliten mindestens zwei Meter groß sein.“Wolfgang Weiss, Universitä­t Wien

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