Die Presse

Nadelsuche im violetten Heuhaufen

Europa League. Austria-Trainer Christian Ilzer will nach dem ernüchtern­den 1:2 gegen Apollon Limassol „alles Positive herauskitz­eln“. Seine Spieler bekritteln indes Pressing und Leerläufe.

- VON SENTA WINTNER

Die Problemzon­e des österreich­ischen Fußballs liegt auch in der neuen Saison in Wien. Rapid und Austria, die Klubs mit den größten Budgets nach Salzburg, vermögen ihre Möglichkei­ten auch weiterhin nicht auszuschöp­fen. Während der Lask in der Champions-League-Qualifikat­ion einen 2:1-Auswärtssi­eg in Basel bejubelte und von der erstmalige­n Teilnahme an der Millionenl­iga träumen darf, führten die Veilchen ihren Fehlstart in der Europa-LeagueQual­ifikation fort – der grün-weiße Stadtrival­e hat einen solchen Startplatz bekanntlic­h verpasst.

„Jetzt sitze ich zum dritten Mal da und muss eine Niederlage erklären“, sagte Christian Ilzer nach dem 1:2 gegen Apollon Limassol im Hinspiel der 3. Qualifikat­ionsrunde. Im Sommer mit Vorschussl­orbeeren aus Wolfsberg nach Favoriten gekommen, steht dort bislang nur ein Cupsieg zu Buche. Diesmal sah er in der ersten Halbzeit eine engagierte Mannschaft, die sich nach dem zweiten Gegentreff­er jedoch gar nicht mehr fing. „Es reichen kleine Momente, um uns aus dem Konzept zu bringen. Nach dem 1:2 sind wir in Muster verfallen, die mir gar nicht gefallen“, analysiert­e Ilzer. Rechtsvert­eidiger Florian Klein, der zwischenze­itlich per Elfmeter zum 1:1 ausgeglich­en hatte, wurde deutlicher: „Irgendwie ist jeder allein im Zweikampf, hat keine Unterstütz­ung. Wir laufen viel, aber auch viel umsonst.“

Routinier Klein betonte zwar, dass die Misere „nichts mit Taktik, nichts mit der Aufstellun­g“zu tun habe. Doch es ist offensicht­lich, dass Ilzers Vorstellun­gen sich mit dem aktuellen Kader nicht umsetzen lassen. Diesmal sollten Dominik Prokop und Alexander Grünwald die Offensive um Stoßstürme­r Bright Edomwonyi tragen. Durchkomme­n gab es aber nur auf dem Flügel, dem Duo mangelte es an Dynamik. Im Zentrum fehlten die Ideen, denn die Stärken von James Jeggo, Tarkan Serbest und Thomas Ebner (erlitt im Finish eine Knöchelver­letzung) sind eindeutig kämpferisc­her Natur. Mit der Hereinnahm­e von Christoph Monschein als zweitem Stürmer kam der ohnehin stockende Spielfluss komplett zum Erliegen und wurde erst durch die Youngster Dominik Fitz und Manprit Sarkaria punktuell wiederbele­bt.

Acht Gegentore in drei Spielen stellen auch der violetten Defensive ein Armutszeug­nis aus, die Hoffnungen ruhen hier auf Erik PalmerBrow­n. Die Man-City-Leihgabe wartet noch auf die Spielgeneh­migung, wird die Misere aber nicht allein beenden können: Zu viele individuel­le Fehler, eklatante Lücken zwischen den Reihen, und Klein bzw. Christoph Martschink­o scheinen im aktuellen System auf den Außenbahne­n überforder­t. „Wir müssen kompakter stehen, um Kräfte zu sparen“, kritisiert­e Abwehrchef Michael Madl, der seine schwache Leistung gegen Apollon mit Gelb-Rot in der Nachspielz­eit („War dumm von mir“) krönte und im Rückspiel am kommenden Donnerstag fehlt.

Insofern war die Niederlage gegen keinesfall­s übermächti­ge Zyprer ein unmissvers­tändlicher Arbeitsauf­trag an Neo-Sportdirek­tor Peter Stöger. „Wir haben nicht die großen Möglichkei­ten, sondern müssen innovativ und kreativ sein. Es muss eine Qualitätss­teigerung sein und soll im Idealfall sinnvoll für die Zukunft sein“, erklärte der Wiener und gab an, „im Mittelfeld­bereich“handeln zu wollen.

Ilzer hat bislang beteuert, seinem Konzept treu zu bleiben. Auch diesmal werde er „alles Positive herauskitz­eln“, um den Ausweg zu finden. „Es ist meine Aufgabe, nicht liegen zu bleiben, sondern schnellstm­öglich wieder aufzustehe­n“, so der 41-Jährige. Auch Prokop mahnte zur Geduld: „Es bringt nichts, das ganze Konzept über den Haufen zu werfen und uns gegenseiti­g fertig zu machen.“In Zypern droht der Austria aber das Ende der stolzen Serie von zehn erfolgreic­hen K.-o.-Duellen.

In der Uefa-Fünfjahres­wertung wäre durch ein weiteres frühzeitig­es Scheitern zum Glück wenig zu befürchten. Da für Österreich (11.) nach dieser Saison nur 3,8 Punkte aus der Wertung fallen (10. Türkei 6,6; 12. Niederland­e 5,75), scheint der Verbleib in den Top 15 und damit der fünfte Europacup-Platz sicher. Im Wettrennen um den CLFixplatz wären Punkte jedoch dringend gefragt.

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