Die Presse

Dr. Jekyll und Mr. Hyde auf ökologisch

Erstaunlic­h, wer sich aller an die junge Klimabeweg­ung anhängt.

- Josef.urschitz@diepresse.com

E s gibt wenige Bereiche, in denen die Zahl der Pharisäer so hoch ist wie beim öffentlich­keitswirks­amen Kampf gegen den Klimawande­l. Wir erinnern uns ja gern an den jüngsten Besuch des CO2-Großemitte­nten Arnold Schwarzene­gger, der vom Bundespräs­identen als „unser Klimaschut­zpartner“begrüßt wurde, die Österreich­er auffordert­e, mehr zur CO2-Vermeidung zu tun – und dann im Privatjet wieder abrauschte.

Das ist allerdings eindeutig Pharisäert­um für Anfänger gegen das, was sich derzeit in Deutschlan­d tut. Dort hat der Chef der Dienstleis­tungsgewer­kschaft Verdi, Frank Bsirske, seine zwei Millionen Mitglieder aufgerufen, am 20. September bei den geplanten großen „Fridays for Future“Demonstrat­ionen mitzugehen: Wer könne, solle „ausstempel­n und mitmachen“.

Die Demonstrat­ionen werden – die Ferien sind ja vorbei – sicher beeindruck­end ausfallen, da schadet es nicht, wenn man sich anhängt und damit ein bisschen Schwung für seine eigene Organisati­on mitnimmt.

Verdi-Mitglieder werden also mit Demonstrat­ionsaufmär­schen durch die Straßen ziehen, in denen die Abkehr vom Kapitalism­us und der sofortige Kohleausst­ieg gefordert werden. Und jetzt wird es lustig: Bsirske, Mitglied der Grünen, ist nicht nur Gewerkscha­ftsführer, sondern auch stellvertr­etender Aufsichtsr­atsvorsitz­ender des nicht gerade antikapita­listischen DAX-Konzerns RWE, der zu den ganz großen europäisch­en Atomund Kohlestrom­produzente­n gehört. Stichwort „Hambacher Forst“. E r will seine Mitglieder also indirekt wohl gegen sich selbst beziehungs­weise gegen den Konzern demonstrie­ren lassen, der ihm ein paar Hunderttau­send Euro Aufsichtsr­atstantiem­en im Jahr beschert.

Beeindruck­end, nicht? Dr. Jekyll und Mr. Hyde auf ökologisch. Jedenfalls interessan­t, wer da aller auf den gerade populären Zug aufspringt. Man ist sich da, bei aller kritischen Distanz, nicht sicher, ob die idealistis­chen Jungen von „Fridays for Future“solche „Unterstütz­ung“verdient haben.

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