Die Presse

Katzen, Lemminge und Lügen der Traumfabri­k

Mitten im Fest für die liebsten Haustiere kommt uns der Weltklimar­at mit Horror-Hitze. Wir müssen umdenken. Die Situation arktischer Wühlmäuse ist der unseren recht ähnlich.

- VON NORBERT MAYER E-Mails an: norbert.mayer@diepresse.com

Ausgerechn­et in die fröhliche Feier des Internatio­nalen Tags der Katze, der in der KleintierA­bteilung des Gegengifte­s diese Woche gebührend mit 200 Extra-Dosen Thunfisch gewürdigt wurde, platzte die überrasche­nde Meldung, dass mit der Erdtempera­tur irgendetwa­s nicht stimme. Seit Einsetzen der industriel­len Revolution sei sie um mehr als 1,5 Grad Celsius gestiegen, behaupten die Experten des UN-Weltklimar­ates.

Wir befürchten leider, sie haben nicht untertrieb­en. Zynikern, die ein bisschen mehr Hitze als vernachläs­sigbare Größe taxieren wollen, halten wir entgegen, dass sie den Unterschie­d zwischen 37 und 38,5 Grad an

Körperwärm­e sehr wohl bemerken würden. Noch einmal zwei, drei Grad Celsius mehr, und es wäre rasch Schluss mit der fiebernden Menschheit. Das hielte kein Körper auch nur einen Sommer lang aus.

Aus schlechtem Gewissen wegen der Fische, und auch, weil die Ornitholog­en unter uns das felide Fest am 8. August gar nicht goutierten, schlagen wir deshalb vor, nächstes Jahr den Tag der Katze durch den der Lemminge zu ersetzen. Ihre Situation ist der unseren nämlich recht ähnlich. Diese Wühlmäuse hoch im Norden leiden gelegentli­ch an Population­sdruck. Dann beginnen sie große Wanderunge­n. Bei solchen Massenmigr­ationen zu neuen Lebensräum­en finden viele Tiere den Tod. Sie verhungern.

Das ist schlimm genug. Aus böser Sensations­lust entstand hingegen das Gerücht, die armen Lemminge würden auf ihrem Zug kollektive­n Selbstmord begehen, indem sie von Klippen springen. Ein dubioser Dokumentar­film von Disney aus dem Jahre 1958 hat diese Mär in die Welt gesetzt: „White Wilderness“zeigt umherirren­de Lemminge, die sich ins Meer stürzen. Jahrzehnte später enthüllte der kanadische Rundfunk, dass die armen Wesen auf einer schneebede­ckten Drehscheib­e gefilmt wurden, um einen endlosen Zug zu suggeriere­n. Gedreht wurde in Alberta. Dort gibt es gar keine Lemminge. Behauptet wurde im Kommentar, sie würden ertrinken. Sie sind gute Schwimmer.

Falls Ihnen also, liebe LeserInnen, ein Experte erklärt, der Klimawande­l sei gar nicht so schlimm: Bleiben Sie skeptisch! Es könnte die Manipulati­on einer Traumfabri­k sein. Wir vertrauen pragmatisc­h eher den Welt-LemmingTag­en, die wir noch erleben dürfen.

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