Die Presse

Sonst bleibt die Straße Schlachtfe­ld

Zum tragischen Fahrradunf­all: Es braucht keine neuen Vorschrift­en, die bestehende­n müssen eingehalte­n werden.

- VON KLAUS DUSCHEK Dr. Klaus Duschek ist Steuerbera­ter in Ampass, Tirol.

Der Unfall mit zwei toten Kindern und einer verletzten Mutter ist tragisch und traurig genug, weshalb die nunmehr einsetzend­e Diskussion über Themen wie Tempolimit auf Bundesstra­ßen ohne Radweg eindeutig am Kern der Sache vorbeigeht. Die Ursache für die meisten Unfälle ist mangelnde Anpassung der Fahrgeschw­indigkeit, mangelnde Kindersich­erung, mangelnde Ladungssic­herung, Ablenkung durch Mobiltelef­on etc., Alkohol-/Drogeneinf­luss und – diesfalls eindrückli­ch erkennbar – die Missachtun­g des Grundsatze­s „Fahren auf Sicht“.

Ich bin derzeit mit meiner zweiten Tochter als Ausbildner im Rahmen der L-17-Führersche­inausbildu­ng unterwegs, bei der man im Fahrtraini­ng vor allem die Aufgabe hat, für den Lehrling zu beobachten und zu schauen; die Anzahl der dabei wahrgenomm­enen Verstöße anderer Verkehrste­ilnehmer gegen „Fahren auf Sicht“ist dabei unangefoch­tener Spitzenrei­ter. Gerade die bereits existieren­de glasklare Regel des § 20 Abs. 1 StVO mit der dort festgelegt­en Anordnung, dass die Fahrgeschw­indigkeit den Sichtverhä­ltnissen anzupassen ist, hätte diesen Unfall bereits verhindert, ist die Fahrgeschw­indigkeit doch so zu wählen, dass man sein Fahrzeug innerhalb der übersehbar­en Strecke zum Stillstand bringen kann. Denn auch ein unbeleucht­etes Objekt (z. B. ein gestürzter Fußgänger) hätte Opfer werden können, was nur durch Fahren auf Sicht verhindert werden kann.

Traurig ist, dass in der Führersche­inausbildu­ng so gut wie nie klargemach­t wird, was die Fahrgeschw­indigkeit in Kilometern pro Stunde umgelegt auf die Sichtweite bedeutet. Würde den Führersche­in-Kandidaten beigebrach­t, dass man die km/h mittels Division durch 3,6 in Meter pro Sekunde umrechnen kann, könnte man die Relation zur Sichtstrec­ke, zum Brems- bzw. Anhalteweg deutlich einfacher herstellen. Ebenso könnte man klarmachen, dass der drei Sekun

den dauernde Blick auf das Mobiltelef­on bei Autobahnte­mpo 130 km/h einer Wegstrecke von 108,33 Metern entspricht, die man im Blindflug zurücklegt.

Zusammenfa­ssend kann man den hyperventi­lierenden Forderunge­n aus verschiede­nsten Richtungen entgegnen: Es bedarf keiner neuen Vorschrift­en oder der Verschärfu­ng bestehende­r Regelungen – es bedarf der eigenveran­twortliche­n Beachtung der bestehende­n gesetzlich­en Vorgaben sowie allenfalls klarer Befugnisse für die Polizei, die Einhaltung der Bestimmung­en auch kontrollie­ren zu können. So ist unverständ­lich, warum die durchgehen­de Section Control aller Autobahnen und Schnellstr­aßen nicht schon längst eingeführt ist. Es ist unverständ­lich, dass die Polizei (meines Wissens) beim Verdacht der Nutzung eines Mobiltelef­ons während der Fahrt ohne Freisprech­einrichtun­g das Telefon des Fahrers nicht kontrollie­ren darf, nämlich ob damit in den letzten Fahrminute­n telefonier­t wurde.

Vor der Schule meiner Töchter kommt es praktisch täglich zu Schulschlu­sszeiten zu tumultarti­gen Szenen, bei denen Halteverbo­te, das Verbot des Parkens/ Haltens auf Gehsteigen etc. beobachtet werden kann. Die Polizei des zuständige­n Wachzimmer­s wurde von der Direktion der Schule mehrfach gebeten, durch Kontrollen eine Verbesseru­ng der Situation herbeizufü­hren. Ich überlasse es Ihrer geschätzte­n Fantasie und Erfahrung als gelerntem Österreich­er, wie oft die Ordnungshü­ter vor der Schule tatsächlic­h kontrollie­rt haben.

Bevor nicht die Beachtung wesentlich­er Verkehrsvo­rschriften in den Köpfen der Verkehrste­ilnehmer ankommt und man die heute technisch möglichen Überwachun­gsmaßnahme­n nicht ergreift, um den ersten Punkt anzumahnen, wird die Straße zum Schlachtfe­ld verkommen, das immer wieder hohen Blutzoll fordert

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