Als Zimt und Pfeffer lockten
Einmal um die ganze Welt – das muss vor 500 Jahren, am 10. August 1519, das Motto des portugiesischen Seefahrers Fernando Magellan beim Betrachten der Windrose gewesen sein. Den erfahrenen Seebären trieben Entdeckerfreude, Abenteuerlust und weitblickender Geschäftssinn zu dem Wagnis an, den von vielen vermuteten, von keinem noch aufgespürten westlichen Seeweg von Europa nach Asien anzusteuern. Gesucht wurde eine Westroute, die südlich von Brasilien zu den Molukken führte, auch Gewürzinseln genannt, nach den duftenden Exotika, die damals in Europa als die begehrtesten Importgüter unerhörten Reichtum versprachen: Pfeffer, Muskatnuss, Nelken, Ingwer, Zimt und andere Spezereien.
Die Erkundung des Erdkreises diente der Unterwerfung der Welt. Im Vertrag von Tordesillas, der 1494 als Folge der ersten Reise von Kolumbus und der einsetzenden atlantischen Expeditionen zwischen den Monarchen von Portugal und Kastilien geschlossen wurde, teilten die imperialen Mächte Iberiens mit dem Segen von Papst Alexander VI. ihr globales Einflussgebiet exakt auf: ein Meridian, der 46 Grad westlicher Länge (rund 1770 Kilometer westlich der Kapverdischen Inseln) eine imaginäre Grenzlinie vom Nordzum Südpol zog, wies Portugal die östliche Erdhälfte, Kastilien aber die westliche zu.
Die Portugiesen hatten ihre Hoheit über die Handelswege nach Fernost, vor allem zu den begehrten Gewürzinseln, in wenigen Jahren wie ein Monopol ausgebaut. Umso dringlicher erschien es dem jungen kastilischen König Karl I., der erst 1519 als Karl V. römisch-deutscher Kaiser wurde, den Verheißungen eines Westweges nachzugeben, die von Kosmografen, allen voran von Magellans Mitstreiter Rui Faleiro, beschworen wurden.
Vier Jahre vor Magellan hatte der Spanier Juan D´ıaz de Sol´ıs versucht, die Westpassage im südlichen Südamerika zu finden, er war am R´ıo de la Plata gescheitert. Doch Magellan war überzeugt, dass sein Plan gelingen und er auf den Molukken, die seit 1512 von den Portugiesen besetzt waren, die spanische Hoheitsflagge aufziehen konnte.
Der damals 35-jährige Magellan war ein mit allen Wassern der Ozeane gewaschener Nautiker. Der Edelmann und Ordensritter aus Porto, der mit portugiesischem Namen Fernao˜ de Magalhaes˜ hieß, kannte Südostasien aus erster Hand: Als Angehöriger der portugiesischen Marine war er um das Kap der Guten Hoffnung bis nach Indien (Goa, Calicut) und ins malaiische Malakka gesegelt. Zuletzt hatte er sich 1513 an der Strafexpedition seines Königs gegen die marokkanische Atlantikstadt Azemmour beteiligt und beim Kampf gegen die Mauren eine Knieverletzung erlitten, die ihn fortan hinken ließ.
Zurück in seiner Heimat fühlte sich der königliche Fidalgo nicht seinen Leistungen entsprechend gewürdigt. Er verließ die portugiesischen Dienste und heuerte bei Karl I. in Kastilien an. Von einem Seekameraden namens Francisco Serrao,˜ der sich als erster Europäer auf den Gewürzinseln niedergelassen hatte, war er brieflich über die dort lockenden einzigartigen Schätze an Gewürznelken und Muskat informiert worden. Im Kronrat des Königs trug er sein Anliegen vor.
ten des Fidalgos vermittelte, gepaart mit immenser Fachkenntnis, den Eindruck eines echten Pioniers, gestählt durch Härte, Sturheit und ein widerspenstiges Temperament.
Das Auslaufen von Magellans Armada, die aus fünf Schiffen und 237 Mann Besatzung bestand, fand am 10. August 1519 mit großem Pomp in Sevilla statt, der andalusischen Hochburg des spanischen Überseehandels. Die Flottille navigierte den Guadalquivir hinab, den „Großen Fluss“, der auf einem 120 Kilometer schiffbaren Wasserweg nach Sanlu´car de Barrameda führte, dem Tor zum Atlantischen Ozean. Von dort stach Magellans Equipe, ausgerüstet mit Proviant für zwei Jahre, am 20. September 1519 in See.
Es „klirren die Anker empor, die Segel flattern, die Geschütze donnern hinüber zum entschwindenden Land: die weiteste Entdeckungsfahrt, das kühnste Abenteuer in der Geschichte der Menschheit hat begonnen“. So hochfliegend hat Stefan Zweig in seinem „Magellan“-Buch von 1938 die Abreise der Expedition vom Festland Europas beschrieben. In der neuesten Darstellung von Magellans Abenteuer bietet der Historiker Christian Jostmann eine nüchternere, indes nicht minder spannende, überaus fachkundige und lesenswerte Narration. Denn was in den nächsten fast drei Jahren Seereise folgte, war weniger eine Helden- als eine Horrorfahrt, von der nur eines der Schiffe und nur 18 Männer der Besatzung zurückkehrten.
Erst segelte man nach Zwischenhalten auf Madeira und den Kanarischen Inseln entlang der Westküste Afrikas nach Süden. Auf der Höhe von Sierra Leone geriet Magellan angesichts seines eigenmächtigen Kurses und einer mehrwöchigen Flaute in Streit mit dem Oberaufseher der Armada, Juan de Cartagena, den er wegen verweigerten Gehorsams kurzerhand festsetzen ließ. Schließlich überquerte das Geschwader den Atlantik und steuerte, nach einem zweiwöchigen Aufenthalt in der Bucht von Guanabara, Anfang 1520 die Mündung des R´ıo de la Plata an. Ungewiss war, ob es sich um einen Fluss handelte oder bereits um die ersehnte Meeresenge. Magellan blieb einen Monat lang in der Bucht und ließ alle Möglichkeiten prüfen. Dann entschied er: keine Durchfahrt möglich. Weiter ging die Fahrt entlang der Küste. Die Karten zeichneten ein Trugbild des südlichen Kontinents. In einer Bucht, die später Puerto San Julian´ genannt wurde, beschloss der Oberbefehlshaber Ende März 1520, die Vorräte zu rationieren, um zu überwintern. Bei der darauf folgenden Meuterei verlangten die Kapitäne zweier Schiffe und ein Teil der Equipe die Rückkehr. Magellan schlug den Aufstand unerbittlich nieder: Ein unbotmäßiger Kapitän wurde hingerichtet, ein anderer im Kampf getötet, zwei weitere Befehlsverweigerer überließ er an Land ihrem Schicksal.
An Bord war auch der Italiener Antonio Pigafetta, der als Magellans loyaler Chronist während der gesamten Expedition ein Tagebuch führte, das später als Grundlage für eine faszinierende Reiseschilderung diente: Die die Abhängigkeit von Wind, Wetter und Wellenschlag waren schwer erträglich. Widrige Winde konnten die Mannschaft zuweilen tagelang an der Weiterfahrt hindern. Als gefürchtete Abwechslung stellten sich Weltuntergangsgefühle im Inferno von Stürmen und Orkanen ein, deren Wucht die Schiffe zu zerbrechen drohte. Dazu kamen zu wenig oder verdorbener Proviant sowie die Ungewissheit des gesamten Unternehmens. Bei einer Erkundungsroute erlitt die Karavelle „Santiago“im Mai 1520 Schiffbruch. Die