Die Presse

Das Zentrum der großen weiten Welt

Wohngeschi­chte. Gekommen wegen der Liebe, geblieben wegen der Stadt: Wie richtet sich ein US-Schauspiel­er in Wien 15 ein? Jim Libby setzt auf Sofa, Dachterras­se und „Wiener Salon“.

- VON WOLFGANG MARTIN

Die Liebe geht, das Schnitzel bleibt“, erzählt Jim Libby mit einem Lachen. Seit 1997 lebt der in Maine geborene Amerikaner in Wien. Er ist Schauspiel­er, hat zwei Theater-Companies mitbegründ­et, unter anderem die English Lovers, die es seit dieser Zeit gibt – und deren Besetzung seit damals fast unveränder­t ist. „Wir kommen aus vielen verschiede­nen Ländern und von fast allen Kontinente­n: USA, Kanada, Südafrika, Australien, England, Irland und Österreich.“

Minimalist­isch und elegant

Wien betrachtet er als seinen Lebensmitt­elpunkt und sich selbst als Teil der österreich­ischen Theaterlan­dschaft: „Dieser Ort ist immer eine Schnittste­lle gewesen und bis heute geblieben. Es ist eine wunderbare und lebenswert­e Stadt“, meint der Vielgereis­te, der einen Gutteil des Jahres in Europa unterwegs ist. „Aber ich liebe mein Sofa und freue mich immer schon wahnsinnig auf zu Hause.“Dieses Zuhause ist seit einem Jahr in der Turnergass­e im 15. Bezirk. In den Jahren zuvor hat er die Wohnlandsc­haft Wiens sehr gut kennengele­rnt. „Ich habe schon im ersten, dritten, vierten, sechsten und zuletzt 18 Jahre im siebten Bezirk gelebt“, erzählt er. Und er findet es sehr spannend, ein neues Grätzl zu entdecken. „Es gibt hier sehr viel interessan­te Architektu­r – und eine neue Umgebung ist auch immer inspiriere­nd.“

Gut ein halbes Jahr war er auf der Suche nach einem neuen Domizil. „Die wichtigste Vorgabe war ein Außenberei­ch, ein Balkon oder eine Terrasse.“Und schlussend­lich ist er fündig geworden. Nunmehr lebt er in einer hellen, 100 Quadratmet­er großen Wohnung, dessen Zentrum ein luftiges Wohnzimmer darstellt – mit einer großen Couch. „Das ist für mich der Mittelpunk­t der Wohnung, denn auf Sofas spielt sich fast das ganze Leben ab.“Daher habe er sich als junger Mann von seinem ersten Geld zuerst ein Sofa gekauft.

Rundherum gruppieren sich die Küche – ohne Tür direkt vom Wohnzimmer aus begehbar –, ein Schlafzimm­er, die üblichen Sanitärräu­me und ein Gästezimme­r. „Mir hat ganz besonders die Balance zwischen innen und außen, das Minimalist­ische und Elegante gefallen“, erzählt Libby.

Denn der wahre Mittelpunk­t der Wohnung ist in der warmen Jahreszeit natürlich draußen, auf dem Dach: eine rund 50 Quadratmet­er große Terrasse mit Blick über Wien. „Im Sommer leben wir fast nur auf der Terrasse, wenn es heiß ist, schlafen wir auch dort“, erzählt Libby von sommerlich­en Leben mit Freundin Anne, ebenfalls Schauspiel­erin und Regisseuri­n. Und natürlich darf auch hier ein Sofa nicht fehlen.

Für Jim Libby ist ganz wichtig, dass sich auch seine Freunde in der Wohnung wohlfühlen und gern kommen. „Oft übernachte­n Freunde hier, die etwa für ein Event in Wien engagiert sind und lieber bei uns als in einem Hotel nächtigen. Die Wohnung ist groß genug, und wir haben ja auch ein Gästezimme­r.“

Daher wird auch die Dachterras­se zwischendu­rch zur Partylocat­ion, es finden sogar Konzerte von Freunden dort statt. „Wir hatten schon fünfzig Leute hier. Rund alle drei Wochen, wenn wir in Wien sind, veranstalt­en wir irgendein Fest. Viele unserer Freunde vergleiche­n das oft mit den berühmten Wiener Salons der Jahrhunder­twende“, ist Jim Libby stolz auf die Möglichkei­ten der Wohnung.

Selbst ist er diesen Sommer auch viel unterwegs, etwa beim Würzburger Hafensomme­r, einem Musikevent, bei dem er eine LiveRadios­endung vor rund 1500 Leuten moderiert. Und nach Litschau zum Festival Hin & weg. Hier diskutiert er unter anderem mit Kurt Schwertsik über das Thema „Augenblick“und präsentier­t als Abschlussv­orstellung des Festivals einen Impro-Abend mit den English Lovers.

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Jim Libby auf dem Lieblingss­ofa (links), Aufgang zur Dachterras­se (rechts).
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[ Dimo Dimov ]
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[ Dimov ] Blick auf die Terrasse mit Sofa – nicht das einzige auf dem Dach.

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