Was ist der Sinn der Arbeit?
Gedanken. Millennials fordern von ihren Arbeitgebern einen sinnstiftenden Unternehmenszweck. Wer den nicht bieten kann, sollte wenigstens Tätigkeiten offerieren, die froh machen.
Er ist nur mehr eine dunkle Erinnerung: der Verkehrspolizist, der uns Kinder über die Straße lotste. Die Knöpfe seiner Uniform drohten abzuspringen, so aufgebläht war sein Brustkorb. Er war eine Respektsperson, er war wichtig, er war stolz. Falls er sich je die Frage nach dem Sinn seiner Arbeit stellte: Er leistete einen wertvollen Beitrag für die Gemeinschaft. Er führte Kinder sicher über die Straße.
Heute sind Verkehrspolizisten keine Respektspersonen mehr, genauso wenig wie Straßenbahnfahrer oder Müllmänner. All ihr Beitrag für die Gesellschaft ist wertvoll, aber so wird das heute nicht mehr gemessen. Was ist eine Arbeit mit Sinn?
Es sind die Millennials, die diese Frage gnadenlos stellen. Du, lieber Arbeitgeber, willst uns haben? Wir sind zahlenmäßig so wenige, dass du deine gesamte HR-Arbeit an uns ausrichtest. Streng dich an: Welchen Sinn stiftest du mit deiner Tätigkeit?
Ratlosigkeit macht sich breit
Unser Sinn ist es, Geld zu machen, denken die Arbeitgeber. Welchen Sinn hat sonst ein gewinnorientiertes Unternehmen? Das sagen sie natürlich nicht laut. Doch es ist symptomatisch, dass die Fair.versity, die „Jobmesse mit Sinn“, die sich dem Thema der sinnstiftenden Arbeit verschrieb, auf kommendes Jahr verschoben wurde. Die Aussteller fürchteten bohrende Besucherfragen. Sicher, ein paar CSRProjekte kann jeder vorweisen. Aber tiefer geht es nicht.
Lässt sich die Antwort auf die Sinnfrage in den Neigungen der Generationen finden? Dem Verkehrspolizisten aus Kindertagen ging es um Autorität und Respekt. Sein Beitrag für die Gemeinschaft mag heutigen Firmen ein Hinweis sein. Eine solche „Mission“schlägt jedes Marketing-Statement.
Die Babyboomer, die derzeit älteste Generation im Arbeitsmarkt (Geburtsjahrgänge bis 1965), konnte man mit Geld, Macht und Status motivieren. Du suchst den Sinn deiner Arbeit? Er heißt Karriere, Führung, Dienstwagen. Weist der Weg nach oben, ist der Sinn erfüllt. Das klingt hohl, bezeugt aber den unendlichen Leistungswillen dieser Generation. Aufstieg, Kinder und Hausbau unter einem Hut zehrten an den Kräften. Das Gehalt war oft nur Schmerzengeld.
Es überrascht, dass die Generation X (geboren 1965 bis 1979) HR-technisch völlig aus dem Fokus gerutscht ist. Die 40+ stehen jetzt am Zenit ihrer Karriere – bloß in der Personalentwicklung kommen sie kaum vor. Dabei müssten gerade die letzten Digital Immigrants fit für die Digitalisierung gemacht werden. Die Xler, als MauerfallKinder krisengebeutelt und MacJobs-geeicht, verzogen sich als Erste ins Home Office, spätestens mit dem Ausbreiten der Open-SpaceHöllen. Die sind so ganz gegen ihr Naturell. Die Trigger der Xler sind Freunde und Beziehungen, die oft fehlende Familienbande ersetzen. Stimmt das Umfeld, stimmt auch die Arbeit. Dringender Rat an Personalisten: Verliert diese Leistungsträger nicht aus den Augen.
Und jetzt die Millennials
Streng genommen ist das die zwischen 1980 und 1994 geborene Generation Y, gefolgt von der nach 1994 geborenen Generation Z. Ihnen gemeinsam ist ein grundlegendes Misstrauen gegenüber bestehenden Systemen. Beide fordern Augenhöhe, Mitsprache und Anpassung an ihre Wünsche. Das ist nicht überheblich, sondern die konsequente Fortführung ihrer familiären Sozialisierung.
Fein, wenn Arbeitgeber jetzt eine sinnstiftende Mission in der Tasche hätten. Den Globus zu retten oder wenigstens die Wale. Wer das nicht bieten kann, sollte es mit einer erfüllenden Tätigkeit versuchen. Die empfindet man immer dann, wenn man im Job möglichst viele der eigenen Talente (sprachlich, mathematisch, planerisch usw.) mit den eigenen Grundbedürfnissen (schlag nach bei Maslow) verbinden darf. Man tut, was man gern tut und gut kann. Das abzuchecken haben Personalisten im kleinen Finger. Wenn dann die Arbeit schon keinen Sinn ergibt, macht sie wenigstens froh.