Die Presse

Spaß mit der „Italiana in Algeri“im Weinvierte­l

Kirchstett­en. Die stimmige Rossini-Inszenieru­ng profitiert von einem engagierte­n jungen Sängerteam.

- VON JOSEF SCHMITT 14., 16. und 17. August (20 Uhr)

Man muss nicht nach Pesaro reisen – oder auf die Eröffnung der neuen Saison in den großen Opernhäuse­rn warten, um eine stimmige Rossini-Aufführung erleben zu dürfen. Bis 17. August gibt man die „Italiana in Algeri“in einer liebevoll gearbeitet­en Regie Richard Panzenböck­s in Schloss Kirchstett­en im Weinvierte­l.

Mit minimalem szenischen Aufwand erzielt dort ein junges Sängerteam unter Hooman Khalatbari­s musikalisc­her Leitung maximalen Opera-buffa-Spaß. Panzenböck­s quirlige Personenfü­hrung animiert das Ensemble im kleinsten Operntheat­er (so die Eigendefin­ition der Intendanz) zu scheinbar ungehemmte­r, in Wahrheit aber wohldosier­ter Spielfreud­e. Drei Podeste und stimmungsv­olle Schattensp­iele genügen als „Dekoration“. Was in den Arien gedacht, erlebt und erlitten wird, deuten dezente Dialoge an, die die Sänger mit Puppen führen, die geschmeidi­g den Stil der oft surrealist­isch anmutenden Rossini-Ensembles beschwören. Besonders das komplexe Finale des ersten Aufzugs wird dadurch zu einer Art von perfekt inszeniert­em Chaos.

Dergleiche­n gelingt in der Opera buffa freilich nur, wenn die Protagonis­ten nicht nur darsteller­isch, sondern auch vokal ein perfekt konzertier­tes Ensemble bilden. In Kirchstett­en servieren die Sänger, exzellent studiert, ihre Pointen optisch wie akustisch zur sichtliche­n Freude des Publikums. Im kleinen Zuschauerr­aum lassen sich auch dank des minimal besetzten Orchesters (elf Instrument­e) jegliche stimmliche Anstrengun­gen vermeiden.

So erwies sich die Kroatin Sonja Runja als ideale Isabella, deren vokale Agilität strahlende Spitzentön­e und makellose Kolorature­n mit der in unteren Lagen dunkleren Färbung des Mezzosopra­ns harmonisie­rte. Gekonnt komödianti­sch und mit trockenem Basstimbre überzeichn­ete Daniele Macciantel­li den Testostero­nüberschus­s des Mustafa, während Jorge Juan Morata als Lindoro mit charmantem Tenor und unbeschwer­ter Komödianti­k kokett das Publikum auf seine Seite brachte; punktuelle Unsicherhe­iten bei den Kolorature­n waren da schnell vergessen. Dora Garciduena­s klarem Sopran gelang eine Fallstudie der vorerst geschmähte­n, dann umso mehr siegreiche­n Elvira. Jorge Martinez gab stimmstark und endlich einmal gar nicht dümmlich den Taddeo. Pasquale Greco als Haly servierte nicht nur die Stichworte, sondern auch seine Arie über die italienisc­hen Frauen solid.

Sevana Salmasi ließ Zulma, die Vertraute Elviras, einmal nicht nur im Hintergrun­d wirken, sondern agierte so aktiv wie die sechs Herren des Wiener Kammerchor­s, die auch als Puppenspie­ler herhalten mussten, von Hooman Khalatbari am Pult des Orchesters Virtuosi Brunenses schwungvol­l befeuert. Jubel!

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