Die Presse

Renzi sucht Allianz gegen Salvinis Lega

Italien. Der ehemalige Chef der Sozialdemo­kraten hofft auf eine Interimsre­gierung mit Hilfe der Fünf-Sterne-Bewegung.

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Der frühere Chef der Sozialdemo­kraten und Ex-Premier Matteo Renzi hofft auf eine Interimsre­gierung mithilfe der Fünf-SterneBewe­gung.

Der „Capitano“, wie Matteo Salvini von seinen Anhängern genannt wird, steuert seinen Kurs klar auf Neuwahlen. Der Chef der rechten Lega hat seine bisherige Koalition mit der linkspopul­istischen Fünf-Sterne-Bewegung aufgekündi­gt und will nun mit einem Misstrauen­santrag gegen den parteifrei­en Premier Giuseppe Conte die gemeinsame Regierung endgültig zu Grabe tragen. Am Montagnach­mittag kamen die Fraktionsv­orsitzende­n der Parteien im Senat zusammen, um über einen Termin für das Misstrauen­svotum gegen Conte zu beraten.

Der bisherige Innenminis­ter und Vizepremie­r Salvini hofft, dass seine Lega bei Neuwahlen Nummer Eins und er damit Regierungs­chef wird. Und die Umfragen lassen auch auf einen klaren Sieg der Lega bei einem Urnengang schließen. Nach einer Wahl könnte die Lega eine neue Koalition etwa mit Silvio Berlusconi­s Forza Italia und den weit rechts stehenden Fratelli d’Italia (Brüder Italiens) eingehen. „Wir wollen ein Zehn-Punkte-Programm für ein Kabinett vorstellen, das fünf Jahre lang hält“, sagte Salvini nach Angaben der Mailänder Tageszeitu­ng „Corriere della Sera“. Laut dem Lega-Chef seien Neuwahlen im Oktober die beste Lösung für Italien.

Uneinigkei­t bei Sozialdemo­kraten

Doch gegen diese Pläne Salvinis wird zunehmend mobil gemacht. Der frühere Regierungs­chef und Ex-Vorsitzend­e der sozialdemo­kratischen PD, Matteo Renzi, will offenbar eine Anti-Salvini-Allianz schmieden und tritt für einen fliegenden Regierungs­wechsel ein. Es sei „verrückt“, just in dem Moment Wahlen abzuhalten, in dem der Haushalt für das Jahr 2020 vorbereite­t werden müsse, sagte Renzi. Er schlug in einem Interview mit der Zeitung „Corriere de la Sera“eine Interimsre­gierung vor, die parteiüber­greifend unterstütz­t werden solle. Erste Aufgabe dieses Übergangsk­abinetts müsse sein, 23 Milliarden Euro aufzutreib­en, um einen Anstieg der Umsatzsteu­er zu verhindern. Dafür wäre eine Annäherung der PD an den bisherigen Koalitions­partner der Lega, die Fünf-Sterne-Bewegung, nötig.

Der jetzige PD-Chef Nicola Zingaretti bremste Renzi allerdings. Er glaube nicht, dass diese Ideen Renzis umsetzbar seien, sagte Zingaretti. Auch ein weiterer früherer Spitzenpol­itiker der PD meldete sich zu Wort: Ex-Premier Enrico Letta warnte vor einer „großen Gefahr“, die von einer möglichen Alleinregi­erung der Lega ausgehe. Salvinis Ideen könnten „das Land aus der EU treiben“, sagt Letta, der von 2013 bis 2014 Regierungs­chef war. Eine Regierungs­umbildung ohne Salvinis Lega hält Letta jedoch für unwahrsche­inlich.

Zwar liegen die Fünf-Sterne-Bewegung und PD in vielen Fragen weit auseinande­r. Italienisc­he Kommentato­ren meinen aber, eine Wiederannä­herung der beiden Parteien bemerkt zu haben. Beide Gruppierun­gen haben ein Interesse daran, eine baldige Parlaments­wahl zu verhindern, von der ja die Lega profitiere­n würde. Rein rechnerisc­h wäre im Abgeordnet­enhaus derzeit eine Mehrheit zwischen Fünf Sternen und der PD möglich.

Grillo will Italien vor „Barbaren“retten

Bei seinem bisherigem Koalitions­partner erntet Salvini verärgerte Reaktionen: Der Chef der Fünf Sterne-Bewegung und italienisc­he Vizepremie­r, Luigi Di Maio, warf dem Vorsitzend­en der Lega Verrat vor. „Wähler sagen: Salvini hat uns verraten. Dasselbe behaupten enttäuscht­e Anhänger und Parlamenta­rier der Lega“, äußerte Di Maio im Gespräch mit seinen in Rom versammelt­en Abgeordnet­en. „Wir haben der Lega eine Chance gegeben, mit uns Italien zu ändern. Salvini hat sich zur Rückkehr zu Berlusconi entschloss­en. Wir wünschen ihm das Beste“, sagte Di Maio spöttisch. Allianzen zwischen Lega und Berlusconi waren in der Vergangenh­eit nicht nur von Erfolg gekrönt.

Gewohnt harsch äußerte sich auch FünfSterne-Mitbegründ­er, Beppe Grillo: „Ich werde mich erheben, um Italien vor den neuen Barbaren zu retten, man kann das Land nicht solchen Menschen überlassen, nur weil sie glauben, dass wir ohne sie nicht überleben werden“, schrieb der Komiker in seinem Blog. (APA/dpa/Reuters/red.)

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