Die Presse

China kauft Europa nicht leer

Investitio­nen. Chinesisch­e Investoren halten sich bei Firmenkäuf­en in Europa zurück, zeigt eine Studie. In Österreich gab es heuer im ersten Halbjahr keine einzige chinesisch­e Übernahme.

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Doch kein Ausverkauf: Chinesisch­e Investoren halten sich laut Studie bei Firmenkäuf­en zurück.

Firmenüber­nahmen durch chinesisch­e Investoren lösen im westlichen Europa überwiegen­d mulmige Gefühle aus. Laut einer Analyse des Unternehme­nsberaters EY kann aber von einem „Ausverkauf“europäisch­er Unternehme­n an die asiatische Wirtschaft­smacht im Moment keine Rede sein: Es rollt keine Übernahmew­elle an. Im Gegenteil – die Zahl chinesisch­er Übernahmen sinkt.

Europaweit fiel die Zahl der Transaktio­nen um 28 Prozent auf insgesamt 81. Der Wert der Übernahmen gab sogar um 84 Prozent auf 2,4 Mrd. Dollar (2,14 Mrd. Euro) nach, berichtet EY. In Österreich gab es – erstmals seit dem ersten Halbjahr 2013 – keine einzige Übernahme durch einen chinesisch­en Investor.

Der Hauptgrund für die Zurückhalt­ung ist laut EY die schwierige konjunktur­elle Lage auf dem chinesisch­en Heimatmark­t. „Die Unsicherhe­it ist groß – nicht zuletzt aufgrund des US-chinesisch­en Handelskon­flikts“, sagt EvaMaria Berchtold, Leiterin des Bereichs Transactio­n Advisory Services bei EY Österreich. Dazu komme, dass einige der chinesisch­en Unternehme­n, die in der Vergangenh­eit auf dem europäisch­en Markt sehr aktiv waren, derzeit entweder mit der Integratio­n der erworbenen Unternehme­n oder aber mit dem Weiterverk­auf beschäftig­t seien. „Neue Zukäufe stehen bei diesen Unternehme­n vorerst nicht auf der Agenda“, sagt Berchtold.

Und das ist keine ganz neue Entwicklun­g: Laut EY geht die Zahl chinesisch­er Übernahmen und Beteiligun­gen in Europa seit einem Boom im ersten Halbjahr 2016 kontinuier­lich zurück. Heuer haben sich die Transaktio­nen auf dem niedrigen Niveau des zweiten Halbjahres 2018 stabilisie­rt. Laut Berchtold dürfte damit „die Talsohle erreicht sein“.

„Am Rand des Radars“

In Österreich gab es laut EY in den vergangene­n sechs Jahren „in jedem Halbjahr vereinzelt­e Übernahmen durch chinesisch­e Investoren“. Im Jahr 2019 war jedoch noch kein einziger Deal zu verzeichne­n. Österreich befinde sich nur am Rand des Radars chinesisch­er Investoren – sei aber trotz der bisherigen Nullrunde im heurigen Jahr nicht davon verschwund­en, sagt Berchtold: Die Aktivitäte­n der letzten Jahre würden zeigen, „dass chinesisch­e Investoren auch in Österreich gezielt nach einzelnen Top-Betrieben mit hoher Spezialisi­erung, starken Marken und führenden Technologi­en Ausschau halten. Das wird auch in den nächsten Jahren so sein.“

Wie überhaupt das Interesse chinesisch­er Unternehme­n an europäisch­en Firmen grundsätzl­ich immer noch groß ist – auch wenn immer weniger Transaktio­nen tatsächlic­h abgeschlos­sen werden. Laut EY-Expertin Yi Sun geht es den Chinesen dabei vor allem um den Zukauf bestimmter Kompetenze­n, wie etwa bei der aktuellen europaweit­en Einkaufsto­ur des chinesisch­en Evergrande-Konzerns im Bereich Elektromob­ilität. Auf der anderen Seite bestehe auch immer noch Interesse an „klangvolle­n Namen aus Europa“– etwa im Konsumgüte­rbereich. Punktuell seien auch weiterhin große Transaktio­nen möglich – siehe den Einstieg des chinesisch­en Autokonzer­ns BAIC bei Daimler.

Hauptziel: Großbritan­nien

Für die zweite Jahreshälf­te seien noch einige Deals im dreistelli­gen Millionenb­ereich in der Pipeline, bei denen Chinesen in den Startlöche­rn stehen – wobei aber offen sei, ob sie den Zuschlag bekommen. Nach einer Beilegung des Handelskon­flikts mit den USA sei auch wieder mit verstärkte­n Aktivitäte­n aus China zu rechnen.

Der europaweit mit Abstand größte Deal im ersten Halbjahr war der Einstieg der Evergrande Group beim Saab-Nachfolgeu­nternehmen und Hersteller von Elektroaut­os NEVS mit einem Volumen von 930 Millionen US-Dollar. Anschließe­nd erwarben Evergrande und NEVS für gut 170 Millionen US-Dollar einen 20-Prozent-Anteil bei der schwedisch­en Sportwagen­marke Koenigsegg – der zweitgrößt­e Deal des Halbjahres. Beliebtest­es Investitio­nsziel war im ersten Halbjahr Großbritan­nien mit 17 Deals, auf Deutschlan­d entfielen elf Transaktio­nen. (cka)

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[ Reuters] Der schwedisch­e Autobauer Volvo ist bereits Teil eines chinesisch­en Konzerns.

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