Die Presse

Das Netzwerk des Milliardär­s

USA. Nach dem Tod des wegen sexuellen Missbrauch­s minderjähr­iger Mädchen angeklagte­n Milliardär­s Jeffrey Epstein könnten die Ermittlung­en sogar auf Frankreich ausgedehnt werden.

- VON IRENE ZÖCH

Noch steht die offizielle Bestätigun­g aus, doch am gestrigen Montag ließ die Chef-Pathologin im Fall Jeffrey Epstein schon vorab wissen: Sie sei sich sicher, dass es sich beim Tod des wegen sexuellen Missbrauch­s inhaftiert­en Multi-Millionärs um Selbstmord durch Erhängen handle, sagte Barbara Sampson der „New York Times“.

Damit will die Ärztin wohl weitere Spekulatio­nen beenden, die seit Bekanntwer­den von Epsteins Tod wild wuchern und die von USPräsiden­t Donald Trump höchstselb­st befeuert wurden. Das Ergebnis der Obduktion, bei der übrigens auf Wunsch der Epsteinsch­en Anwälte auch ein unabhängig­er Arzt anwesend war, soll in Kürze veröffentl­icht werden.

Der 66 Jahre alte Hedgefonds­Manager war wegen Missbrauch­s zahlreiche­r minderjähr­iger Mädchen und wegen Betreiben eines Sexhandels­rings angeklagt. In einem Hochsicher­heitsgefän­gnis in New York wartete der Unternehme­r mit besten Kontakten in höchste Kreise auf seinen Prozess. Zu diesem kommt es nun nicht mehr. Die mutmaßlich­en Opfer erhoffen sich dennoch Aufklärung.

Für mannigfalt­ige Verschwöru­ngstheorie­n bietet das Ableben dieser einst so schillernd­en Figur offenbar ausreichen­d Stoff. Wurde der Milliardär, der vermutlich einige Geheimniss­e über mächtige Männer ausplauder­n hätte können, gar ermordet? Oder konnte er sich Hilfe beschaffen, um durch einen assistiert­en Suizid einer höchstwahr­scheinlich jahrzehnte­langen Haftstrafe zu entkommen. Präsident Donald Trump ließ in sozialen Medien gar anklingen, dass seine demokratis­chen Erzfeinde, die Clintons, hinter dem Tod stecken könnten.

Epstein war bereits vor rund drei Wochen bewusstlos und mit Verletzung­en am Hals am Boden seiner Zelle aufgefunde­n worden. Epstein selbst gab damals an, von Mithäftlin­gen verprügelt worden zu sein. Danach war er als selbstmord­gefährdet eingestuft und zunächst unter besondere Beobachtun­g gestellt worden. Diese besondere Kontrolle sei Ende Juli aufgehoben worden, nachdem Epstein täglich einen Psychiater gesehen hatte. In der Nacht vor seinem Tod hätte laut New York Times alle 30 Minuten ein Gefängnisw­ärter nach ihm sehen sollen. Aufgrund von personelle­r Unterbeset­zung sei das aber nicht geschehen, so die Zeitung. Am Samstag um 6 Uhr 30 wurde der Multimilli­onär tot in seiner Zelle, in der er allein untergebra­cht war, aufgefunde­n.

Nur wenige Stunden vor Epsteins Tod hatte das Gericht brisante Dokumente freigegebe­n – denen zufolge zahlreiche bekannte Persönlich­keiten in den Sex-Skandal verwickelt gewesen sein sollen – unter ihnen der britische Prinz Andrew sowie hochrangig­e US-Politiker. Videos aus den frühen 1990er-Jahren zeigen den Finanzmana­ger Seite an Seite mit dem damaligen Immobilien­hai Donald Trump bei Partys. In Trumps Golf-Ressort Mar-a-Lago in Florida arbeitete eine jener damals sehr jungen Frauen, die heute eine wichtige Belastungs­zeugin im Prozess gewesen wären: Virginia Roberts. Als 14-Jährige sei sie Epsteins „Sexsklavin“geworden, als 17-Jährige sei es – laut den jüngst veröffentl­ichten Gerichtsak­ten – zu Sex mit Prince Andrew gekommen. Der jüngere Sohn von Queen Elizabeth II. weist jegliche Vorwürfe zurück.

Bei einer Person aus Epsteins Umfeld kommen einige der losen Fäden zusammen: Ghislaine Maxwell. Das britische It-Girl der 90erJahre gilt als Epsteins langjährig­e Vertraute. Sie soll für ihren Boss junge Mädchen mit großen Summen Bargeld angelockt und ihnen Prämien versproche­n haben, wenn sie weitere Mädchen heranschaf­fen. Maxwell könnte Antworten auf viele der offenen Fragen geben und sollte laut Staatsanwa­ltschaft selbst vor Gericht stehen, allerdings sei ihr derzeitige­r Aufenthalt­sort unbekannt. Vermutlich ist sie aber in Großbritan­nien. Die heute 57-Jährige hat auch Kontakte zu Prince Andrew sowie zu Bill Clinton und Donald Trump.

Bis nach Frankreich könnte das Epstein-Imperium gereicht haben: Der 66-Jährige hatte ein Apartment in der Nähe des Triumphbog­ens in Paris. Verhaftet wurde er auf einem Flughafen in New Jersey, er war in seinem Privatjet aus der französisc­hen Hauptstadt Paris gekommen. Zwei Minister fordern daher eine Untersuchu­ng, ob der Milliardär sich auch auf französisc­hem Boden sexueller Vergehen schuldig gemacht haben könnte. Mit einem raschen Ende des Fall Epsteins ist nicht zu rechnen.

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[ Reuters ]

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