Federer-Nadal, das unschlagbare Doppel
Tennis. Abseits der Centre Courts tobt ein Machtkampf um Posten und Einfluss. Roger Federer und Rafael Nadal haben nun eine Allianz gegen Novak Djokovic gebildet. Der große Streitpunkt beim Match hinter den Kulissen: der Chefposten der ATP.
Sportlich läuft es blendend für Novak Djokovic. Vier der jüngsten fünf Grand-Slam-Turniere hat er gewonnen, er ist die unumschränkte Nummer eins der Weltrangliste und wird es dank eines beachtlichen Punktevorsprungs auch noch eine Weile bleiben. Abseits der Courts ist der 32-jährige Serbe aber auch Präsident des „ATP Player Council“, des Spielerrates. Und dort wird der Gegenwind immer stärker.
Der zwölfköpfige Spielerrat entsendet drei Vertreter in das Führungsgremium der ATP („Board of Directors“, sieben Mitglieder), wo alle Entscheidungen der MännerTour getroffen werden, vom Turnierkalender bis zu den Preisgeldern. Doch hinter den Kulissen toben Machtkämpfe um Posten und Einfluss. Roger Federer und Rafael Nadal, die erfolgreichsten und wohl auch populärsten Tennisspieler der Geschichte, wollen dabei nicht länger zusehen. Beide saßen schon im Spielerrat (Federer bis 2014 als Präsident, Nadal bis 2012 als sein Vize) und erklärten vergangene Woche ihre gemeinsame Rückkehr. Der Grund: Djokovic.
Der Serbe ist als Präsident des Spielerrates alles andere als machtlos. So wurde auf sein Betreiben der bis Ende 2019 laufende Vertrag von ATP-Chef Chris Kermode nicht mehr verlängert – obwohl der Brite, 54, durchaus beliebt und die ATP-Tour ordentlich gemanagt ist. Kermode steht dem Board of Directors vor, wo drei Spielervertreter drei Turniervertretern gegenübersitzen (zu Letzteren gehört auch Stadthallen-Turnierdirektor und Thiem-Manager Herwig Straka).
Jedenfalls hätte Djokovic als neuen ATPChef gerne seinen Vertrauten Justin Gimelstob, 42, gesehen. Daraus wird fürs Erste aber nichts. Der verdiente Spielervertreter und Ex-Profi hat zu Halloween den Freund seiner Ex-Frau verprügelt und eine dreijährige Bewährungsstrafe kassiert. Auf Druck namhafter Profis wie Andy Murray und Stan Wawrinka zog sich der US-Amerikaner im Frühjahr aus dem ATP-Board zurück. Eine erste Schwächung für Djokovic.
Zurück zu ATP-Boss Kermode. Rund um dessen Nichtverlängerung im März wurden die Fraktionen unter den Tennisstars deutlich. Federer und Nadal stellten sich hinter Kermode und gegen Djokovic. Obwohl damals nicht im Spielerrat, beklagten sie, nicht konsultiert worden zu sein. „Das ist schwer zu verstehen für mich“, meinte Federer. Nadal erklärte: „Chris (Kermode) hat gute Arbeit gemacht. Es wäre gut, wenn er bleiben würde.“Djokovic, der in den folgenden Wochen in Indian Wells und Miami seine schwächsten Auftritte der Saison abgeliefert hat, meinte, dass gerade viele Dinge abseits der Plätze vorgingen, die ihn belasteten.
Dann kam Wimbledon und es galt, einen Nachfolger für den zurückgetretenen Spielervertreter Gimelstob ins ATP-Board zu entsenden. Im siebenstündigen Meeting des Spielerrates fand sich weder für Ex-Profi Nicolas Lapentti noch für den langjährigen ATP-Funktionär Weller Evans eine Mehrheit. Robin Haase, Sergiy Stachowskyj und Jamie Murray gaben danach ihre Sitze im Spielerrat auf. Der ältere der Murray-Brüder sprach von „Machtgelüsten“. Die Wahl zwischen Lapentti und Evans fiel im ATP-Board selbst, dort entschieden sich die beiden übrigen Spielervertreter, David Egdes und Alex Inglot, für den US-Amerikaner Evans, 64, der eher dem Djokovic-Lager zuzuordnen ist.
Nun kommen wieder Federer, 38, und Nadal, 33, ins Spiel. Sie haben nun die nach der Marathon-Sitzung von Wimbledon vakanten Sitze im Spielerrat übernommen und eine Allianz gebildet. „Wir haben zusammen entschieden, zurückzukehren. Wir sind hier, um zu helfen und natürlich um ein bisschen besser zu wissen, was vor sich geht“, sagte Nadal bevor er in Montreal seinen 35. Masters-1000-Titel holte. (Den dritten freien Sitz übernimmt Jürgen Melzer, der sich um die Agenden der Doppelspieler kümmern wird.)
Der Spielerrat tagt wieder vor den US Open (ab 26. August) in New York. Der große Streitpunkt dann: Wie geht es nun wirklich mit ATP-Chef Chris Kermode weiter? Gerüchten zufolge hat Djokovic den Dänen Mark Leschly, CEO von Universal Tennis Rating (ein Gegenentwurf zum ATP-Ranking), als Nachfolger im Auge. Doch mit der Allianz Federer-Nadal ist Djokovic’ Position geschwächt. Der Konflikt könnte wieder aufflammen – und der Nummer eins eine ihrer so seltenen Niederlagen bescheren.