Junge Finken können auch den Gesang anderer Arten lernen
Wissenschaft. Unter den Lautäußerungen von Tieren kommt der Vogelgesang der menschlichen Sprache am nächsten. Wie diese ist er erstaunlich plastisch. Seine Silben sind nicht angeboren, sondern werden erlernt. Das zeigte eine US-Neurologin an drei Arten vo
Jeder halbwegs intelligente Mensch kann jede Sprache lernen. Doch oft tun sich Erwachsene mit den Lauten schwer, die eine neue Sprache bereithält, manchmal auch mit deren typischem Melos. Man denke an die Schwierigkeiten, die unsereiner beim Lernen des englischen „th“hatte, an die Probleme von Chinesen mit dem Unterschied zwischen „l“und „r“, oder an die Neigung von Italienern, aus geschlossenen Silben offene zu machen.
Dergleichen ist natürlich nicht angeboren, das Sprachzentrum im Hirn von kleinen Kindern ist für alle möglichen Laute offen. Aber diese Plastizität schrumpft später. „Die Sprachlaute, die wir als Kinder lernen, prägen unser Hören für den Rest des Lebens“, sagt Sarah Woolley, Neurologin an der Columbia University in New York: In einer in Nature Neuroscience (12. 8.) erschienenen Arbeit zeigt sie, dass das bei Singvögeln ganz ähnlich sein dürfte.
So einzigartig die menschliche Sprache ist, auch als Instrument der Welterkenntnis: Im Tierreich kommt ihr der Vogelgesang am nächsten. Auch der für ihn zuständige auditive Kortex sitzt vor allem in der linken Hirnhälfte. Und auch beim Vogelgesang ist die Lautstruktur erstaunlich wenig angeboren.
Wie brabbelnde Babys produzieren junge Vögel zunächst eher unstrukturierte Laute. Dann beginnt das Lernen der Söhne von den Vätern (bei Vögeln darf man das so geschlechtsspezifisch sagen – bei den meisten Arten singen die Männchen, während die Weibchen nur ein bisschen piepen.) Wie die Vogelbuben lernen, untersuchte Wooley an Zebrafinken, den Lieblingsvögeln der Ornithologen. Und an Spitzschwanzgürtelgrasfinken, die auf Englisch schlichter „long-tailed finches“heißen und zwar auch zu den Prachtfinken zählen, aber zu einer anderen Gattung. Auch ihr Gesang klingt ganz anders.
In fremde Nester geschmuggelt
Wobei Wooleys Experimente in Frage stellen, was „ihr Gesang“bedeutet. Sie schmuggelte Eier dieser beiden Arten in Nester einer dritten Art von Prachtfinken, nämlich bengalesischen Finken, auf Deutsch auch Lanzettschwänzchen genannt (sie sind beliebte Ziervögel, die in der freien Wildbahn gar nicht mehr zu finden sind.) Ergebnis: Die jungen Männchen lernen den Gesang ihres Adoptivvaters, selbst wenn ihr biologischer Vater im gleichen Raum und in Hörweite ist.
Allerdings ist der Lernerfolg nicht perfekt: Sie schaffen es, die Töne zu kopieren, also die Silben zu lernen, doch die größere Struktur schaffen sie nicht; sie bleiben sozusagen Stümper in der Grammatik.
Der starke Einfluss der akustischen Vorbilder – in Wooleys Arbeit als „tutors“bezeichnet – war auch durch Messungen an Neuronen in tieferen Schichten des auditiven Kortex nachweisbar. Wenn diese Nervenzellen einmal auf bestimmte Klänge eingestimmt sind, egal von welchen Tutoren diese erlernt wurden, dann reagieren sie fortan stärker auf diese als auf andere Klänge.