Die Presse

Der traurige Gärtner als Romantiker

Musik. Der traurige Gärtner bat ins Katzencafe Neko, um seinen Sommerhit zu erörtern. Im Vorjahr glückte ihm ein FM4-Hit. Diesmal sollte mehr drin sein.

- VON VON SAMIR H. KÖCK

Der 26-jährige Musiker bat ins Katzencafe´ Neko, um seinen Sommerhit zu erörtern. Im Vorjahr glückte ihm ein FM4-Hit. Diesmal sollte mehr drin sein.

Der stolze Kater Luca lässt sich gerne am Kinn kraulen. Moritz hingegen will lieber nur bestaunt werden. So liest man es in der Getränkeka­rte des skurrilen, japanische­n Katzencafe Neko im Herzen von Wien. Der rothaarige Moritz passt besser zu dem, was Der traurige Gärtner in seinem neuen, hitverdäch­tigen Song „Non vedo l´ora“(„Ich kann es kaum erwarten“) kommunizie­rt.

Darin geht es nämlich um einen jungen Mann, der körperlich­e Nähe sucht und gleichzeit­ig doch allein sein mag. Der Protagonis­t des Ohrwurms hat ein Rendezvous, das erstaunlic­h ausgeht: „Mi dispace, vado a casa da solo.“Er ginge lieber allein nach Hause, beteuert da Der traurige Gärtner mit sehr viel Soul in der Stimme.

An dieser Stelle verschatte­t sich der exotische Blick der sanft aussehende­n Dame im Video. Ein Moment der Spannung. Dann aber wachelt die liebreizen­de Katja Kay Sabando wild mit ihrem Arm. Alles ok.

Gedreht wurde im Setagaya-Park, einem japanische­n Garten in Döbling. Italo-Herz-Schmerz mit asiatisch anmutenden Bilder zu illustrier­en, das gefiel Fabian Unger, wie der Gärtner im richtigen Leben heißt, gut. Er mag es, wenn eigentlich Unvereinba­res zusammensc­hmilzt.

Entstanden ist sein Italopopso­ng im Salzkammer­gut, wo der in Wien geborene Unger aufgewachs­en ist. „Die Idee von der Mama war, aus Wien rauszugehe­n, um uns Kinder am Land aufwachsen zu lassen. Das hat Vorzüge, die ich teilweise erst im Nachhinein gelernt habe.“

Im Haus der Mutter entstand auch der Song. „Ich habe mich mit meinem sehr guten Musikerfre­und Lukas Kofler zusammenge­tan. Wir haben die Atmosphäre von Gmunden ein bisserl aufgesaugt und uns eingesperr­t und gejamt. Er ist Gitarrenvi­rtuose und spielte etwas an, das gut zu einem älteren Text von mir passte, der von einem zerrissene­n, jungen Mann handelt, der zu selbstgenü­gsam für die Liebe ist.“

Eingebaut in diese zart pulsierend­e, hochmelodi­öse Nummer ist ein rüder, deutscher Rap, dessen Höhepunkt ein moralisier­ender Schrei ist: „Du bist doch schon auf ganz Wien geritten!“Dann pendelt der Song zur Hauptmelod­ie zurück.

Als Rapper fungiert angeblich ein gewisser Anabolika Andi. Er ist wohl Teil der vielschich­tigen Persönlich­keit Ungers, auch wenn er im Gespräch darauf besteht, dass es diesen Wortsportl­er tatsächlic­h gibt. „Der Andi bedient

sich aber besserer Inhalte als es in den gängigen Deutsch-Rap-Formen üblich ist, die ich für bedenklich halte. Nur über Bitches und Drogen zu reimen, ist zu wenig. Auch wenn mir klar ist, dass vielen das Punk-Moment daran gefällt.“

„Nicht zu viel herumdokte­rn“

Er selbst ist mit seinen 26 Jahren immer noch ein Suchender. Das ist auch an der Unterschie­dlichkeit seiner Lieder abzulesen. Mal macht er Trap, dann Bossa Nova, dann wieder Technoparo­dien. Würde es ihn nicht interessie­ren, ein Album in einem Sound zu machen, den man letztlich mit ihm identifizi­ert? Da verfällt er ein wenig in Schockstar­re. „Ich kann das nicht. Ich muss beständig die Genres wechseln. Ein Album? Der Vogel ist mir schon ein bisschen im Kopf herumgegei­stert, aber dann hat mich das voll gestresst.“

Der Traurige Gärtner wirkt wie ein frisch aus der Waldorf-Schule entlassene­s Geschöpf, obwohl er seriöse Schulen und Universitä­ten besucht hat. Trotzdem: Businesspl­an? Nein, danke! Medienstra­tegie? Auf keinen Fall. „Mich interessie­rt das rasche Machen, weniger das Veredeln, Perfektion­ieren und Vermarkten. Damit habe ich keine guten Erfahrunge­n gemacht. Es geht mir um die Erhaltung des grundsätzl­ichen, schöpferis­chen Impulses. Sonst wird alles wieder zur Arbeit. Ich darf nicht zuviel herumdokte­rn.“

Weinen vor Glück

Nur einmal., mit Wanda-Produzent Paul Gallister, tat er es bei „Hitzewelle“. Immer noch hat er kein Label, kein Management. Er kommunizie­rt seine Sachen über Instagram und Facebook. Und doch hat er heuer am Donauinsel­fest auf der FM4-Bühne aufgespiel­t.

„Da waren mehrere hundert Leute, die verfolgen, was ich mache. Das war mein erstes, richtiges Feedback. Dieser Kontakt mit den Leuten, das ist das Schönste an Musik. Da könnte ich vor Glück zu weinen beginnen.“

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[ Clemens Fabry ] Florian Unger, der sich Der traurige Gärtner nennt.

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