Die Presse

Razzien wegen Postenscha­chers

Affäre. Ein FPÖler wurde mithilfe der Novomatic in den Vorstand der Casinos Austria gehievt. Die Justiz geht der Frage nach, ob es im Hintergrun­d Absprachen für die Gefälligke­it gab.

- VON HANNA KORDIK

Politische Postenbese­tzungen in staatsnahe­n Unternehme­n sind in Österreich gang und gäbe. Dass ein Postenscha­cher allerdings auch zu Hausdurchs­uchungen führt – das ist sogar in Österreich ein Novum. Und genau das hat sich nun ereignet: Wegen der im März erfolgten Bestellung des FPÖlers Peter Sidlo zum Finanzvors­tand der Casinos Austria ist es am Montagmorg­en zu einer Razzia in Sidlos Wohnung gekommen, wie „Der Standard“berichtet. Als Sidlo den Ermittlern erklärte, dass er keine berufliche­n Unterlagen daheim habe, suchten sie sein Büro im Glücksspie­lkonzern auf.

Gleichzeit­ig kam es auch zu Hausdurchs­uchungen beim ehemaligen Vizekanzle­r und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, bei Ex-Klubobmann Johann Gudenus und im Büro von Novomatic-Chef Harald Neumann. Inoffiziel­len Auskünften zufolge nahmen die Ermittler der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft bei allen Durchsuchu­ngen „technische Dinge“mit, also Laptops und Mobiltelef­one. Im Mittelpunk­t des Interesses stehen also Korrespond­enzen der Betroffene­n, für die selbstvers­tändlich die Unschuldsv­ermutung gilt.

Seltsame Ereignisse

Die Ermittler stützen sich dabei auf eine anonyme Anzeige, die die seltsamen Umstände von Sidlos Bestellung anprangert. „Die Presse“berichtete ausführlic­h darüber, zuletzt Anfang Juni: Peter Sidlo, einst FPÖBezirks­rat und Chef der Investment­gesellscha­ft Sigma, sollte unter Türkis-Blau nicht nur in den Generalrat der Notenbank, sondern danach auch in den Casinos-Vorstand gehievt werden. So weit, so (für österreich­ische Verhältnis­se) gewöhnlich: Die Chefin des Konzerns, Bettina Glatz-Kremsner, wird der ÖVP zugerechne­t, ein weiteres Vorstandsm­itglied ist Vertreter des tschechisc­hen Großaktion­ärs Sazka. Vorstandss­essel Nummer drei sollte also an die FPÖ gehen.

Dennoch ist die Sache einigermaß­en ungewöhnli­ch abgelaufen: Die Bestellung Sidlos war nämlich – im Gegensatz zu jener seiner beiden Kollegen – höchst umstritten. Sogar der eingeschal­tete Personalbe­rater Egon Zehnder äußerte Bedenken. Die Bestellung erfolgte trotzdem, im Aufsichtsr­at waren die Vertreter der Republik (die 33 Prozent an den Casinos hält) dafür. Ebenso die Novomatic, die rund 17 Prozent hält. Die Tschechen enthielten sich der Stimme.

Die tatkräftig­e Unterstütz­ung des umstritten­en FPÖlers auch durch die Novomatic – das interessie­rt jetzt die Ermittler: Dass die Vertreter der Republik für Peter Sidlo votierten – das kann noch mit Koalitions­räson argumentie­rt werden. Was aber hatte die Novomatic davon? Dort wurde stets argumentie­rt, dass man mit der Vorstandsb­estellung bloß die (österreich­ischen) Interessen der Casinos Austria wahren wollte – damit dem Vorstand der Tschechen zwei österreich­ische Kollegen gegenübers­itzen. Die Staatsanwa­ltschaft verfolgt freilich eine andere Theorie. Nämlich jene, wonach es der Novomatic bloß darum gegangen sei, der FPÖ entgegenzu­kommen. Immerhin war FPÖ-Staatssekr­etär Hubert Fuchs im Finanzmini­sterium für das Glücksspie­l und also auch die Lizenzverg­abe zuständig. Und immerhin hatte Strache im Ibiza-Video freimütig von der (später dementiert­en) finanziell­en Unterstütz­ung seiner Partei durch Novomatic erzählt. Die Staatsanwa­ltschaft untersucht also, ob eine „parteiisch­e Vergabe von Glücksspie­llizenzen vereinbart wurde“. Novomatic-Chef Harald Neumann dementiert­e freilich bereits im Juni gegenüber der „Presse“wütend: „Es gab keinerlei politische Vereinbaru­ngen oder Absprachen.“

Beurlaubun­g von Peter Sidlo?

Auch gestern sagte ein Novomatic-Sprecher: „Die Vorwürfe sind haltlos. Aber wir kooperiere­n natürlich mit den Behörden.“Die Casinos Austria wiederum quälen andere Sorgen: Der Konzern fürchtet um seinen Ruf, ein Sprecher betonte ausdrückli­ch, dass das Unternehme­n selbst keinesfall­s Gegenstand der Ermittlung­en sei.

Jetzt warten im Konzern alle gebannt auf die Reaktion von Aufsichtsr­atspräside­nt Walter Rothenstei­ner. Wird er Peter Sidlo zumindest beurlauben, bis der Sachverhal­t geklärt ist? Wird Novomatic-Chef Neumann im Aufsichtsr­at bleiben? Fragen über Fragen. Rothenstei­ner zog es gestern vor, keine Stellungna­hme abzugeben.

Heinz-Christian Strache reagierte per Aussendung: „Der Vorwurf entbehrt jeder Grundlage und ist daher lediglich ein weiterer politische­r Angriff auf meine Person.“

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[ APA] Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus (hier im Oktober 2015 im Wiener Rathaus) haben nun auch wegen einer Postenbese­tzung Erklärungs­bedarf.
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[ Wagner] FPÖler Peter Sidlo wurde im März zum Casinos-Vorstand.

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