Die Presse

Die neuen Glücksritt­er im großen Glücksspie­l

Was im Ibiza-Video noch im Konjunktiv geblieben ist, könnte die FPÖ später tatsächlic­h in die Realität umgesetzt haben. Neues aus dem blauen Sumpf.

- VON OLIVER PINK E-Mails an: oliver.pink@diepresse.com

E s war das Narrativ der Haider-Ära – und es war auch nicht falsch: Die Glücksritt­er hätten sich der Freiheitli­chen Partei bemächtigt. Angezogen von Jörg Haider und von diesem mit seiner Gunst bedacht. In der Folge dann auch mit Posten und Geld.

Auf der anderen Seite, im Abseits, standen die alten (und auch jüngeren) Herren der Freiheitli­chen Partei, die Burschensc­hafter, akademisch gebildet, die nur ihrem Gewissen und ihrer Ideologie folgten und mit dem schnöden Karrierism­us, den schicken Lokalen und den schnellen Autos nichts am Hut hätten.

Und so kam es, wie es kommen musste: Die Karrierist­en, im FPÖ-Jargon auch „Flachwurzl­er“genannt, scheiterte­n – an sich selbst oder den Gesetzen. Und übrig blieben die gefestigte­n Traditiona­listen, die sich dann um Heinz-Christian Strache versammelt­en.

Anscheinen­d ist das Glücksritt­er-Gen bei den Freiheitli­chen jedoch, unabhängig von Herkunft und Habitus, systemimma­nent. Es geht nun zwar weniger um das persönlich­e Vorankomme­n als um die Partei, allerdings ist ein Erfolg der Partei auch wiederum der Garant für das fortgesetz­te persönlich­e Vorankomme­n.

Anschaulic­h gezeigt wurde das in dem Ibiza-Video: Geld für die FPÖ gegen mögliche Aufträge. Im Konjunktiv, aber immerhin. Und diese Geisteshal­tung könnte dann auch beibehalte­n worden sein – in der Zeit der tatsächlic­hen Regierungs­beteiligun­g der FPÖ.

Dass Glücksspie­lunternehm­en an die Politik mit ihren Wünschen herantrete­n, soll ja schon vorgekomme­n sein. Es kommt sogar recht oft vor. Schon bei der ersten Regierungs­beteiligun­g der FPÖ mit der ÖVP gab es da immer wieder unschöne Vorwürfe.

Und es gibt sie auch jetzt – sie haben sogar zu Hausdurchs­uchungen geführt. Wieder einmal mittendrin: Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus. Der Verdacht lautet: Ein Freiheitli­cher soll in den Vorstand eines Glückspiel­konzerns gehievt worden sein – für mögliche legistisch­e Gegenleist­ungen für einen anderen.

Der Mann, um den es hier geht, Peter Sidlo, ist seit Ibiza kein gänzlich Unbekannte­r: Er ist der frühere Mitarbeite­r des ORF-Stiftungsr­ats Markus Braun, der gemeinsam mit dem Nationalra­tsabgeordn­eten Markus Tschank in diversen Vereinen sitzt, die im Verdacht stehen, „schwarze Kassen“für die FPÖ zu horten. Und Sidlo und Tschank hatten wiederum früher mit dem heutigen Sprecher des Novomatic-Konzerns, Bernhard Krumpel, eine gemeinsame Firma.

Und hier schließt sich der Kreis: Sidlo wurde mit Unterstütz­ung des Miteigentü­mers Novomatic in den Vorstand der Casinos Austria entsandt. Der Grund für die nunmehrige Hausdurchs­uchung. Und Novomatic war eine jener Firmen, die Heinz-Christian Strache im Ibiza-Video nannte, als es um Parteienfi­nanzierung über Umwege ging.

Nun bestreiten alle Beteiligte­n die Vorwürfe. Die Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft fußen auf einer anonymen Anzeige. Im Gegenzug für Sidlos Bestellung habe die FPÖ Entgegenko­mmen bei Gesetzesän­derungen in Zusammenha­ng mit dem kleinen Glücksspie­l in Aussicht gestellt, heißt es darin. Mutmaßlich­er Profiteur: die Novomatic. B ewiesen ist also nichts. Nur weil etwas wahr sein könnte, um die Diktion des Tiroler SPÖ-Chefs Georg Dornauer aufzunehme­n, muss es noch nicht wahr sein. Aber nach dem Ibiza-Video fällt es schwer, es nicht für möglich zu halten.

Die FPÖ hat nach Ibiza viel an Vertrauen verspielt. Und dennoch, mit den Entschuldi­gungen der Protagonis­ten, dem Verweis auf eine „b’soffene G’schicht“, darauf, dass alles nicht so gemeint war, zumindest bei ihren Wählern, wenn man den Umfragen glauben darf, noch irgendwie die Kurve gekratzt.

Sollte sich nun jedoch herausstel­len, dass sich die FPÖ als Regierungs­partei tatsächlic­h kaufen ließ, wenn schon nicht im wörtlichen, dann im metaphoris­chen Sinne, so dass einer der ihren Karriere machen konnte und dafür dann Gesetzesän­derungswün­sche angenommen wurden, dann ist der Partei der Unglücksri­tter nicht mehr zu helfen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria