Die Presse

Land steckte Millionen Euro in die High-Speed-Welt von KTM

Oberösterr­eich. Dass die Firma des ÖVP-Mäzens Geld aus dem Kulturbudg­et erhält, sorgt für Kritik. Beschlosse­n wurde das aber von allen Parteien.

- VON JULIA NEUHAUSER

Linz. Die Werbung auf der Internetse­ite leuchtet in orangefarb­enen Lettern und klingt durchaus reißerisch: Da ist die Rede vom „ultimative­n Erlebnis für Familien“, vom „perfekten Ausflugszi­el für das ganze Team“und von einem „unvergessl­ichen Motorsport­erlebnis, das seinesglei­chen sucht“. So wirbt die Motohall um Besucher. Sie sollen in der Ausstellun­gs- und Erlebniswe­lt des Motorradhe­rstellers „in die High-Speed-Welt von KTM“eintauchen.

Nun, drei Monate nach der feierliche­n Eröffnung, ist die Motohall vorerst einmal in die Politikwel­t eingetauch­t. Grund dafür sind Millionenf­örderungen des Landes Oberösterr­eich. Daran hat sich in den vergangene­n Tagen heftige Kritik entzündet. In die Motohall des Unternehme­ns, das im Vorjahr einen Umsatz von 1,56 Milliarden Euro erzielt hat, sind nämlich 2,145 Millionen Euro Bedarfszuw­eisungen des Landes und 1,8 Millionen Euro an Kulturförd­erungen geflossen (bzw. wird ein Teil davon erst fließen).

Die Optik ist schief. Denn das schwarz-blau regierte Bundesland scheint damit ein Projekt des KTM-Chefs und ÖVP-Großspende­rs Stefan Pierer großzügig gefördert zu haben. Pierer hat im Nationalra­tswahlkamp­f 2017 exakt 436.563 Euro überwiesen. „Es ging nicht darum, für diese Spende etwas zu bekommen. Mir ging es um eine Richtungsä­nderung im Interesse des österreich­ischen Wirtschaft­sstandorte­s“, sagte er im Juni in einem „Presse“-Interview.

KTM spricht von Sommerloch

Es ließe sich, wie es aus dem Büro des oberösterr­eichischen Landeshaup­tmanns, Thomas Stelzer (ÖVP), heißt, alles ganz einfach erklären. Das Museumskon­zept der KTM-Motohall sei vom oberösterr­eichischen Museumsver­bund geprüft und für wertvoll befunden worden. Die Förderung sei außerdem bereits 2015 beschlosse­n worden. Sie wird in drei Raten je 600.000 Euro ausbezahlt. Sie sei also noch unter Zeiten der schwarz-grünen Landesregi­erung unter Landeshaup­tmann Josef Pühringer (ÖVP) beschlosse­n worden – und zwar einstimmig, von allen in der Landesregi­erung vertretene­n Parteien. Einer Kulturförd­erung für KTM haben also ÖVP, FPÖ, SPÖ und auch die Grünen zugestimmt.

Dazu kommen die Bedarfszuw­eisungen des Landes an die 6700-Einwohner-Stadt Mattighofe­n. Dafür ist das Ressort von SPÖLandesr­ätin Birgit Gerstorfer zuständig. Auch dort heißt es, dass über die Bedarfszuw­eisungen bereits 2015 entschiede­n worden sei, unter ihrem Vorgänger Reinhold Entholzer (SPÖ). Damals habe man 2,145 Millionen Euro für das Projekt veranschla­gt. 92.000 Euro davon seien bereits ausbezahlt worden. Auch hier seien sich alle Regierungs­parteien einig gewesen.

Bei KTM versteht man die Aufregung nicht. „Die Diskussion ist wohl unter ,Sommerloch‘ einzuordne­n“, sagt Vorstandsm­itglied Viktor Sigl zur „Presse“. Immerhin sei das Projekt für förderwürd­ig befunden worden. Man bemühe sich, in der Motohall „ein Stück Zeitgeschi­chte“darzustell­en. Die Geschichte des Ortes und die des Konzerns seien eng miteinande­r verbunden. Die einstimmig­e politische Entscheidu­ng läge bereits vier Jahre zurück. Hier nun einen Konnex zu den Spenden Pierers zu sehen, sei unmöglich. Damals habe es die Spenden noch gar nicht gegeben. Außerdem habe Pierer das Geld als Privatpers­on hergegeben.

KTM ist nicht das einzige Unternehme­n mit hohen Umsätzen, das Mittel aus dem Kulturtopf bezieht. Auch der Backmittel­hersteller Backaldrin soll laut „Standard“für sein Museum „Paneum – Wunderkamm­er des Brotes“100.000 Euro bekommen haben.

„Es zeigt sich ein fatales Bild“, sagt Thomas Diesenreit­er, Geschäftsf­ührer der Kulturplat­tform (Kupf ) zur „Presse“. Das Budget für zeitgenöss­ische Kunst und Kultur sei in Oberösterr­eich zuletzt stark gekürzt worden. Bei Großuntern­ehmen fließe es offenbar weiter. Diesenreit­er wünscht sich, dass künftig eine Fachjury über Förderantr­äge entscheide­t. Das sei in Oberösterr­eich – anders als im Bund – nicht der Fall.

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[ Fabry ] KTM-Chef Stefan Pierer spendete für die ÖVP.

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