Die Presse

Harter Brexit „begeistert“USA

Großbritan­nien. Trumps Sicherheit­sberater Bolton bestärkte Johnson in seinem Kurs gegen die EU und stellte Handelsabk­ommen in Aussicht.

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Inmitten der heißen Brexit-Debatte in Großbritan­nien hat Premiermin­ister Boris Johnson Rückendeck­ung für seinen kompromiss­losen Anti-EU-Kurs erhalten. John Bolton, Sicherheit­sberater von US-Präsident Donald Trump und beinharter Nationalis­t, stellte bei einem Besuch in London klar, dass die US-Regierung auch einen ungeregelt­en EU-Austritt Londons begrüßen würde. Mehr noch: „Wir würden diese (Entscheidu­ng, Anm.) mit Begeisteru­ng unterstütz­en“, richtete Bolton dem britischen Regierungs­chef im Namen Trumps aus.

Der Besuch des US–Hardliners, der sich am Montagaben­d mit Johnson und anderen hochrangig­en Vertretern der britischen Regierung getroffen hatte, war der bisher höchstrang­ige aus Washington seit dem Wechsel an der Regierungs­spitze in London. Trump sei sehr an einem erfolgreic­hen Ausstieg des Königreich­s aus der Union am 31. Oktober gelegen, betonte Bolton bei einem Gespräch mit Journalist­en dann. Nachsatz: „Wir sind bei Euch.“

Um den Brexiteers um Johnson einen solchen EU-Austritt noch schmackhaf­ter zu machen, stellte Bolton auch rasche Handelsabk­ommen für einzelne Industrieb­ranchen in Aussicht, die schwierige Bereiche zunächst ausklammer­n und später in einem umfassende­n Handelsabk­ommen münden sollten. „Aber um das zu erreichen, könnte man Sektor für Sektor vorgehen.“Bisher hatte Washington ein solches Vorgehen bei Verträgen mit der EU stets abgelehnt.

Das Drängen der Trump-Regierung auf einen raschen Brexit ohne Scheidungs­abkommen darf getrost auch als eigennützi­g interpreti­ert werden: Nichts ist den nationalis­tischen Hardlinern in Washington mehr zuwider als ein starkes Gegenüber. Mit dem Ausstieg Großbritan­niens steht nicht nur die EU politisch geschwächt da. Auch Washington­s Juniorpart­ner London hätte den USA bei Verhandlun­gen über ein Freihandel­sabkommen wenig entgegenzu­setzen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass Johnson seit seinem Amtsantrit­t bereits fünf Mal mit Trump telefonier­t hat und beide Seiten tiefe Freundscha­ft demonstrie­ren.

Die US-Regierung dürfte auch darauf setzen, dass ein von der EU getrenntes Großbritan­nien in anderen wichtigen Bereichen näher an Washington rückt, vor allem was das Vorgehen gegenüber dem Iran und die Beziehunge­n zu China betrifft. Erste Anzeichen für einen Kurswechse­l gibt es bereits: Laut Bolton hat Johnson die Pläne für eine eigene europäisch­e Schutzmiss­ion für Handelssch­iffe in der Straße von Hormuz, wie von der Vorgängerr­egierung vorgeschla­gen, bereits ad acta gelegt. Die Regierung habe anstatt dessen eine Teilnahme an der US-geführten Operation Sentinel zugesagt. (red.)

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