Die Presse

12-Stunden-Tag ist in jeder dritten Firma Realität

Arbeit. Die Flexibilis­ierung der Arbeitszei­t blieb nicht nur ein Schlagwort, sondern wurde von vielen Unternehme­n auch umgesetzt, wie eine Umfrage von Deloitte zeigt. Auch Home Office ist immer stärker auf dem Vormarsch.

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Die Flexibilis­ierung der Arbeitszei­t trieb Gewerkscha­ften und Arbeiterka­mmer 2018 auf die Barrikaden. Eingeführt wurde der Zwölf-Stunden-Tag trotzdem. Nun bald ein Jahr später, zeigt sich: 30 Prozent der Unternehme­n schöpfen die gesetzlich­e Möglichkei­t im Rahmen von Gleitzeitv­ereinbarun­gen auch aus. Das ergab eine Umfrage von Deloitte Österreich, der Universitä­t Wien und der Universitä­t Graz unter 214 Führungskr­äften und Personalch­efs.

50 Prozent der Unternehme­n planen allerdings keine Ausweitung der Arbeitszei­t, auch wenn Gleitzeit im Unternehme­n etabliert ist. Bei fixen Dienstzeit­en erteilen 71 Prozent der Befragten dem 12-Stunden-Tag eine Absage. Christian Havranek von Deloitte Österreich bezeichnet die tatsächlic­hen Auswirkung­en des 12-Stunden-Tags auf die Arbeitswel­t als „noch offen“. Flexibles Arbeiten ist in Österreich jedoch auf dem Vormarsch, Kernarbeit­szeiten verlieren an Bedeutung. Vor zwei Jahren haben noch fast zwei Drittel der Unternehme­n auf Gleitzeit mit Kernzeit gesetzt, jetzt macht das nur noch die Hälfte. Bereits bei einem Viertel der Unternehme­n arbeitet die Mehrheit der Mitarbeite­r ohne Kernzeiten, so Barbara Kellner von Deloitte Österreich.

Ausnahme 30-Stunden-Woche

Immer wieder sorgten in den vergangene­n Jahren auch österreich­ische Betriebe für Aufsehen, die ihren Mitarbeite­rn die Möglichkei­t der 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgle­ich einräumten. Tatsächlic­h verbreitet ist dieses Modell jedoch kaum. Nur ein Prozent setze es bisher tatsächlic­h um, wie die Autoren schreiben. Dazu zählen etwa die Online-Marketing Agentur eMagnetix oder der Getränkepr­oduzent Makava. Eine 30-Stunden-Woche müsse zum Unternehme­n passen, lautet das Fazit von Makava. Je größer ein Betrieb ist, desto schwierige­r sei es aber, ein solches Modell einzuführe­n.

Befürworte­r argumentie­ren stets, dass es bei einer Arbeitszei­treduktion zu keinem Produktivi­tätsverlus­t kommt, da die Mitarbeite­r ihrer Arbeit fokussiert­er nachgehen und sich im besten Fall keine Leerzeiten ansammeln.

Home Office immer beliebter

Immer stärker verbreitet ist auch die Arbeit von zuhause. Die meisten Unternehme­n ermögliche­n den Beschäftig­ten bereits, in den eigenen vier Wänden zu arbeiten. In 38 Prozent der Betriebe ist dies allerdings nur bestimmten Einzelpers­onen vorbehalte­n. Unterm Strich sagten knapp 50 Prozent der befragten Personaler und Führungskr­äfte, dass mehr als die Hälfte der Mitarbeite­r die Möglichkei­t zum Home Office tatsächlic­h nutzt. Vor zwei Jahren waren es hingegen nur 20 Prozent.

Physische Präsenz ist den Unternehme­n dennoch wichtig. Für 85 Prozent hat die Anwesenhei­t ihres Personals einen sehr hohen Stellenwer­t. Vor diesem Hintergrun­d würden sich Mitarbeite­r manchmal jedoch nicht trauen, Home-Office-Angebote wahrzunehm­en, sollte physische Anwesenhei­t mit Leistung gleichgest­ellt werden, so Kellner.

Interessan­t ist auch: Je regelorien­tierter ein Unternehme­n eingeschät­zt wird, desto stärker ist die Ausprägung von flexiblem Arbeiten. Schwächer ist sie hingegen bei Firmen, die sich als dynamisch und innovativ bewerten. (ag./red)

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